1 Fünf Tage später kam der Hohepriester Ananias mit einigen Gliedern des Hohen Rates und einem Anwalt, namens Tertullus, nach Cäsarea, um vor dem Statthalter die Anklage gegen Paulus zu erheben.
2 Als Paulus vorgeführt war, begann Tertullus seine Anklagerede.
3 "Daß wir durch deine Fürsorge in tiefem Frieden leben Durch die schlechte Verwaltung des Felix wurden im Gegenteil die Unruhe und die Unsicherheit im Lande vermehrt.", so sprach er, "und daß durch deine Umsicht bei diesem Volk immer und überall Verbesserungen eingeführt werden, dies, hochedler Felix, erkennen wir mit aufrichtiger Dankbarkeit an.
4 Um dich aber nicht lange zu belästigen, bitte ich dich: Schenke uns nur einen Augenblick geneigtes Gehör!
5 Dieser Mann hier - so haben wir erkannt - ist eine Pest; er ist ein Friedenstörer unter allen Juden überall im Reich und ein Hauptführer der Partei der Nazarener.
6 Er hat sogar versucht, den Tempel zu entweihen; doch dabei haben wir ihn festgenommen Verschiedene Handschriften haben als Schluß von V.6 und als V.7 noch die Worte: "Und wir wollten ihn nach unserem Gesetz richten. Doch der Oberst Lysias kam dazu, entführte ihn mit großer Gewalt unseren Händen und befahl seinen Anklägern, vor dir zu erscheinen.".
8 Wenn du ihn jetzt verhörst, so kannst du auch aus seinem Mund alles dies erfahren, dessen wir ihn beschuldigen."
9 Dieser Anklage schlossen sich auch die Juden an und versicherten, daß es sich so verhalte.
10 Auf einen Wink des Statthalters ergriff dann Paulus das Wort. "Da ich weiß", so hob er an, "daß du seit vielen Jahren Nach unserer Zeitrechnung war Felix damals erst drei Jahre im Amt. Ist denn da der Ausdruck "seit vielen Jahren" berechtigt? Hier muß man bedenken, daß von den neun Vorgängern des Felix nur zwei länger als vier Jahre ihren Posten innegehabt haben. Drei Jahre waren also für einen römischen Statthalter schon eine "lange" Amtszeit. Dazu kommt, daß Felix nach einer Angabe des Tacitus schon Samaria als Statthalter verwaltet hatte, ehe er Judäa erhielt. Dadurch wird der Ausdruck "seit vielen Jahren" noch deutlicher. Zum Vergleich läßt sich hier auch eine Stelle aus Ciceros Rede gegen Verres IV, de signis, _ 21 heranziehen. Da wird auch von "so viel Jahren" gesprochen, obwohl nur drei volle Jahre (73-70 v.Chr.) in Frage kommen. Richter bist für dieses Volk, so habe ich guten Mut, mich zu verteidigen Die Amtsführung des Felix gibt dem Apostel die Bürgschaft, daß er die Verhältnisse, auf die es bei der ganzen Anklage ankommt, versteht und richtig beurteilen kann..
11 Du kannst dich davon überzeugen, daß nicht mehr als zwölf Tage vergangen sind, seit ich in Jerusalem angekommen bin, um dort anzubeten.
12 Weder im Tempel noch in den jüdischen Versammlungshäusern noch in der Stadt hat man mich mit irgend jemand einen Wortstreit führen oder einen Volksauflauf erregen sehen.
13 Auch sind sie nicht imstande, dir das zu beweisen, dessen sie mich jetzt beschuldigen.
14 Doch dies gebe ich zu: Nach einer Lehre, die sie als Ketzerei bezeichnen, diene ich dem Gott meiner Väter. Dabei glaube ich alles, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht,
15 und habe im Vertrauen auf Gott dieselbe Hoffnung wie auch sie: daß die Gerechten und die Ungerechten auferstehen werden.
16 Darum bemühe ich mich auch, vor Gott und Menschen allezeit ein unbeflecktes Gewissen zu haben.
17 Nach Ablauf mehrerer Jahre Paulus war zum letzten Mal in Jerusalem am Laubhüttenfest 51 (18,22). bin ich nun gekommen, um meinem Volk Liebesgaben zu bringen Gemeint ist die in 1. Kor. 16,1; 2. Kor. 8; 9; Röm. 15,28, aber nicht in der Apg. erwähnte Liebesgabe für die Christen in Jerusalem, die ja Genossen des jüdischen Volkes waren. und Opfer zu verrichten Im Tempel zu Jerusalem..
18 Als ich dann nach einem Gelübde, das ich übernommen hatte, mit den Opfern im Tempel beschäftigt war, und zwar ohne Auflauf zu erregen oder Lärm, da sahen mich einige Juden aus Asien.
19 Die hätten hier vor dir erscheinen und mich verklagen sollen, wenn sie etwas gegen mich vorzubringen hätten.
20 Oder es mögen auch die Männer selbst, die hier gegenwärtig sind, sich äußern, welch Vergehen sie bei mir ermittelt haben, während ich als Angeklagter vor dem Hohen Rat stand.
21 Es könnte sich hier nur um das eine Wort handeln, das ich in der Versammlung ausgerufen habe: 'Wegen der Auferstehung der Toten stehe ich heute vor euerm Gericht 23,6..'"
22 Hier brach Felix, der ganz genau wußte, was es mit der (christlichen) Lehre Wörtlich: "mit dem Wege". auf sich hatte, die Verhandlung ab und vertagte die Entscheidung, indem er zu den Anklägern sagte: "Wenn der Oberst Lysias herkommt, so will ich eure Sache untersuchen."
23 Zugleich gab er dem Hauptmann den Befehl, Paulus solle in Haft gehalten werden, aber keine Fesseln tragen, und seinen Freunden solle es nicht verboten sein, ihm Liebesdienste zu erweisen.
24 Einige Tage später kam Felix mit seiner Frau Drusilla, einer Jüdin Die durch Schönheit ausgezeichnete Drusilla war die Tochter des Königs Herodes Agrippa I. (12,1) und die Schwester des Königs Agrippa II. und der Bernike (25,13). Sie war zuerst die Gemahlin des zum Judentum übergetretenen Königs Azizus von Emesa, dem sie Felix mit Hilfe des Zauberers Simon abwendig machte. Felix war mit ihr in dritter Ehe verheiratet. In einigen Handschriften des Neuen Testaments wird hier noch hinzugefügt, Drusilla habe gewünscht, Paulus zu sehen und zu hören, und Felix habe ihr diesen Wunsch erfüllen wollen., (in das Gefängnis). Er ließ Paulus rufen und hörte ihn über den Glauben an Christus Jesus reden.
25 Als aber Paulus auf Gerechtigkeit und Enthaltsamkeit und das zukünftige Gericht zu sprechen kam, da geriet Felix in Schrecken Weil er ein böses Gewissen hatte. und sagte: "Für diesmal kannst du gehen; bei passender Gelegenheit will ich dich wieder entbieten."
26 Zugleich hoffte er, Paulus würde ihm Geld geben Für seine Freilassung.. Deshalb entbot er ihn auch öfter zu sich und unterhielt sich mit ihm Er suchte Paulus einen Bestechungsversuch nahezulegen..
27 Nach Ablauf von zwei Jahren Vom Beginn der Gefangenschaft des Paulus in Cäsarea an gerechnet, also im Sommer 57. erhielt Felix den Porcius Festus zum Nachfolger Festus war ein wohlmeinender, rechtlich gesinnter Mann, der aber schon nach kurzer Amtsführung starb.. Da sich Felix die Juden zu Dank verpflichten wollte, so ließ er Paulus in Ketten im Gefängnis Die milde Haft (custodia libera, vgl. V.23) wurde nun in scharfe Haft (custodia militaris) verwandelt. Dabei wurde der Gefangene an den ihn bewachenden Soldaten gefesselt. V.27b lautet in einigen Handschriften: "Felix aber ließ den Paulus der Drusilla wegen im Gefängnis." Haßte Drusilla den Paulus, weil er ihr Gewissen aufgerüttelt hatte? Vgl. Matth. 14,3; Mark. 6,17..
1 Fünf Tage später kam der Hohe Priester Hananias mit einigen Ratsältesten und Tertullus, einem Anwalt, nach Cäsarea, um beim Statthalter Anklage gegen Paulus zu erheben.
2 Nachdem man Paulus herbeigeholt hatte, begann Tertullus seine Anklagerede: "Hochverehrter Felix! Dein Verdienst ist es, dass wir schon so lange in Frieden leben. Deiner Umsicht verdanken wir zahlreiche Reformen zum Wohl unseres Volkes.
3 Das erkennen wir immer und überall mit großer Dankbarkeit an.
4 Um deine kostbare Zeit aber nicht unnötig in Anspruch zu nehmen, bitte ich dich, uns für einen Augenblick freundlich anzuhören.
5 Wir haben nämlich festgestellt, dass dieser Mann hier gefährlich ist wie die Pest: Er stiftet die Juden in der ganzen Welt zum Aufruhr an und ist der führende Kopf der Nazarener-Sekte.
6 Er hat sogar versucht den Tempel zu entweihen. Dabei haben wir ihn festgenommen.
8 Wenn du ihn verhörst, kannst du dir selbst ein Urteil bilden und wirst feststellen, dass unsere Anklagen in jedem Punkt zutreffen."
9 Die mitgereisten Juden schlossen sich der Anklage an und behaupteten, dass es so sei.
10 Dann wurde Paulus durch einen Wink des Statthalters aufgefordert zu sprechen. Er begann: "Weil ich weiß, dass du in unserem Volk seit vielen Jahren Recht sprichst, verteidige ich meine Sache voller Zuversicht.
11 Wie du leicht nachprüfen kannst, bin ich erst vor zwölf Tagen nach Jerusalem gekommen, um dort im Tempel anzubeten.
12 Niemand hat gesehen, dass ich in dieser Zeit mit Leuten diskutiert oder sie gar aufgehetzt hätte - weder im Tempel noch in einer der Synagogen noch sonst irgendwo in der Stadt.
13 Sie können dir keinerlei Beweise für ihre Anschuldigungen gegen mich vorbringen.
14 Das eine allerdings bekenne ich dir: Ich diene dem Gott meiner Väter in der Weise der neuen Glaubensrichtung, die sie eine Sekte nennen, und ich glaube an alles, was im Gesetz und den Schriften der Propheten steht.
15 Und ich habe die gleiche Hoffnung auf Gott wie meine Ankläger auch, nämlich dass es eine Auferstehung der Gerechten und der Ungerechten geben wird.
16 Deshalb bemühe ich mich auch immer, vor Gott und den Menschen ein reines Gewissen zu haben.
17 Nachdem ich nun mehrere Jahre im Ausland verbracht habe, bin ich hergekommen, um meinem Volk Spenden zu übergeben und Gott Opfer zu bringen.
18 Als ich dazu gerade im Tempel war - ich hatte mich der vorgeschriebenen Reinigung unterzogen, war von keiner Menschenmenge umgeben und in keinen Tumult verwickelt -,
19 da sahen mich einige Juden aus der Asia. Diese Leute sollten jetzt eigentlich hier sein und ihre Anklage vorbringen, falls sie mir etwas vorzuwerfen haben.
20 Du kannst aber auch diese Männer hier fragen, was für ein Vergehen sie mir nachweisen konnten, als ich vor dem Hohen Rat stand.
21 Es könnte höchstens der eine Satz sein, den ich damals in die Versammlung hineinrief: 'Weil ich an die Auferstehung der Toten glaube, stehe ich heute vor eurem Gericht!'"
22 Felix, der über die neue Glaubensrichtung ziemlich genau Bescheid wusste, vertagte den Fall und sagte: "Wenn der Kommandant Lysias aus Jerusalem herkommt, werde ich eure Sache entscheiden."
23 Den zuständigen Offizier wies er an, Paulus in leichter Haft zu halten und keinen von seinen Freunden daran zu hindern, für ihn zu sorgen.
24 Einige Tage später erschien Felix mit seiner Frau Drusilla, einer Jüdin, in seinem Amtssitz und ließ Paulus zu sich kommen, weil er noch mehr über den Glauben an Jesus, den Messias, erfahren wollte.
25 Doch als Paulus dann von Gerechtigkeit und Enthaltsamkeit sprach und von dem künftigen Gericht, bekam Felix es mit der Angst zu tun. Er sagte zu Paulus: "Für diesmal ist es genug, du kannst gehen. Wenn ich später Gelegenheit habe, werde ich dich wieder rufen lassen."
26 Gleichzeitig hoffte er auch, von Paulus Bestechungsgelder zu bekommen. Deshalb ließ er ihn öfter kommen und unterhielt sich mit ihm.
27 Als Felix zwei Jahre später von Porzius Festus abgelöst wurde, wollte er den Juden noch einen Gefallen tun und ließ Paulus weiter im Gefängnis.