1 Unter den Pharisäern war ein Mann, mit Namen Nikodemus, ein Mitglied des jüdischen Hohen Rates.
2 Der kam bei Nacht zu Jesus und sprach zu ihm: "Meister, wir wissen, daß du ein von Gott gesandter Lehrer bist. Denn niemand kann die Wunderzeichen tun, die du vollbringst, wenn Gott nicht mit ihm ist."
3 Jesus antwortete ihm: "Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wer nicht von oben her D.h. vom Himmel her oder: von Gott. Dies bedeutet das griechische Wort auch 3,31. geboren wird, der kann Gottes Königreich nicht sehen."
4 Nikodemus sprach zu ihm: "Wie kann jemand in seinem hohen Alter geboren werden? Kann er denn zum zweitenmal in seiner Mutter Schoß gehen und dann geboren werden?"
5 Jesus erwiderte: "Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wer nicht aus Wasser und Geist geboren wird Hinweis auf die Taufe (Tit. 3,5; Apg. 22,16)., der kann in Gottes Königreich nicht eingehen.
6 Das aus dem Fleisch Geborene ist Fleisch, das aus dem Geist Geborene ist Geist Die leibliche Geburt kann nur das leiblich-sinnliche Leben erzeugen, das neue geistliche Wesen dagegen muß durch eine von dem Heiligen Geist bewirkte Geburt erzeugt werden..
7 Sei nicht erstaunt darüber, daß ich dir gesagt habe: ihr müßt von oben her geboren werden.
8 Der Wind weht, wo er will; du hörst zwar sein Brausen; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Ebenso verhält sich's auch mit jedem, der aus dem Geist geboren ist Auch der Geist wirkt, wo er will (1. Kor. 12,11), und seine Gegenwart offenbart sich (1. Kor. 12,7ff.); aber Ursprung und Ziel seiner Wirkung nimmt der Mensch nicht wahr (Pred. 11,5).."
9 Nikodemus entgegnete ihm: "Wie ist dies alles möglich?"
10 Jesus antwortete ihm: "Du bist ein so bekannter Lehrer Israels und weißt das nicht?
11 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben Jesus redet hier in der Mehrzahl, wahrscheinlich, weil er sein Zeugnis mit dem des Täufers zusammenfaßt.; trotzdem nehmt ihr unser Zeugnis nicht an.
12 Glaubt ihr nicht einmal, wenn ich von den irdischen Dingen zu euch geredet habe, wie werdet ihr da glauben, wenn ich erst von den himmlischen Dingen zu euch rede Vgl. Weish. 9,16. - Die irdischen Dinge sind wohl das, was auf Erden mit den Menschen vorgeht; dazu gehört auch die Neugeburt, von der Jesus zu Nikodemus geredet hat. Die himmlischen Dinge sind dann das, was im Himmel vorgeht (man denke an Christi himmlisches Hohepriestertum: Hebr. 5,9-11; 8,1-2) und was die Geheimnisse des göttlichen Wesens und Ratschlusses betrifft, wovon Jesus in V.14 und 15 dem Nikodemus eine Andeutung gibt.?
13 Niemand aber ist im Himmel heimisch Wörtlich: "ist in den Himmel emporgestiegen" und somit im Himmel gewesen, und dort heimisch. als allein der Menschensohn, der aus dem Himmel herabgekommen ist.
14 Und wie einst Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat 4. Mos. 21,6-9., ebenso muß auch der Menschensohn erhöht werden,
15 damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben habe."
16 Denn so sehr hat Gott die Welt Diese ganze von ihm abgefallene und ihm feindlich gesinnte Menschheit. geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gegeben hat, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern das ewige Leben habe.
17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um die Welt zu richten, sondern damit die Welt durch ihn errettet werde Vom Verderben..
18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet Über den ist schon die richterliche Entscheidung gefällt., weil er nicht gläubig ist an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.
19 Darin aber vollzieht sich das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist und die Menschen trotzdem die Finsternis dem Licht vorgezogen haben. Das taten sie, weil ihre Werke böse waren.
20 Denn jeder Übeltäter haßt das Licht und kommt nicht an das Licht, aus Furcht, daß seine Werke aufgedeckt und verurteilt werden.
21 Wer aber die Wahrheit tut 1. Joh. 1,6., der kommt ans Licht, damit seine Werke offenbar werden; denn Grund, warum er an das Licht kommt. sie sind in Gott In Gottes Sinn und Kraft. getan Der Abschnitt V.16-21 gehört wohl nicht mehr zu der Rede Jesu an Nikodemus, sondern er ist vielleicht richtiger als eine Betrachtung des Evangelisten im Anschluß an Jesu Worte in V.15 anzusehen..
22 Darauf begab sich Jesus mit seinen Jüngern in die Landschaft Judäa Er ging aus der Hauptstadt Jerusalem dem Jordan zu.. Dort blieb er mit ihnen eine Zeitlang und taufte.
23 Aber auch Johannes taufte damals in Ainon nahe bei Salim Die Lage dieser beiden Orte läßt sich nicht sicher bestimmen., weil dort viel Wasser war; und die Leute kamen zu ihm und ließen sich taufen.
24 Denn Johannes war noch nicht ins Gefängnis geworfen Diese Worte scheint der Evangelist im Hinblick auf Matth. 4,12-17; Mark. 1,14 geschrieben zu haben; denn nach diesem älteren Bericht konnte es scheinen, als sei Jesus erst nach der Gefangennahme des Täufers aufgetreten..
25 Einst stritten die Jünger des Johannes mit einem Juden über die Frage der Reinigung Die Streitfrage war jedenfalls, was eine höhere Reinigung bewirke: die Taufe des Johannes oder die Taufe Jesu..
26 Da kamen sie zu Johannes und sagten ihm: "Meister, der Mann, der jenseits des Jordans bei dir war, und für den du Zeugnis abgelegt hast, der tauft jetzt auch, und alle kommen zu ihm Die Johannesjünger sind neidisch auf die Erfolge Jesu.."
27 Da antwortete Johannes: "Kein Mensch kann etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel her gegeben ist Dieser allgemeine Satz, daß jeder Erfolg von Gott komme, soll sich nach dem Zusammenhang nur auf Jesus beziehen..
28 Ihr selbst könnt mir bezeugen, daß ich gesagt habe: 'Ich bin nicht der Messias, ich bin nur sein Wegbereiter.'
29 Wer die Braut hat, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams aber, der bei ihm steht und auf seine Worte lauscht, ist voller Freude über des Bräutigams Glück Jesus ist der Bräutigam; die Volksgemeinde Israel ist die Braut, mit der Jesus bei der Aufrichtung des Messiasreiches seine Hochzeit feiern will. Hier liegt das alttestamentliche Bild von der Ehe Gottes mit seinem auserwählten Volk zugrunde. Johannes der Täufer ist der Freund des Bräutigams, der für diesen um die Braut geworben hat, indem er das Volk durch seine Wirksamkeit auf den Eingang in das Messiasreich bereiten wollte.. Solche Freude wird mir jetzt im vollen Maß zuteil So stellt sich Johannes in den schärfsten Gegensatz zu den neidischen Regungen seiner Jünger..
30 Er muß wachsen An Wirksamkeit und Einfluß., ich muß kleiner werden."
31 Er, der von oben Vom Himmel her. kommt, ist allen Allen anderen Gesandten Gottes, mithin auch dem Täufer. überlegen. Wer von der Erde stammt, gehört (nach seiner ganzen Art) der Erde an, und auch alles, was er redet, geht von der Erde aus Es ist also irdisch bedingt und menschlich beschränkt. Dies gilt von allen Propheten des Alten Bundes, auch von Johannes dem Täufer; denn die Propheten brachten die göttliche Offenbarung in irdisch-menschlicher Beschränkung.. Wer aus dem Himmel kommt,
32 der zeugt von dem, was er gesehen und gehört hat. Doch niemand nimmt sein Zeugnis an Vgl. 1,11; 3,11..
33 Wer aber sein Zeugnis annimmt, der bestätigt damit feierlich, daß Gott wahrhaftig ist D.h. daß Gott in Christus die Fülle seiner Wahrheit und Treue offenbart (1. Joh. 5,10)..
34 Denn er, den Gott gesandt hat Jesus., redet Gottes Worte, weil Gott (ihm) den Geist nicht in beschränktem Maße gibt Während die Propheten des Alten Bundes nur ein beschränktes Maß des Geistes empfingen, hat Jesus den Geist in seiner ganzen Fülle empfangen. Der Grund dafür wird in V.35 angegeben..
35 Der Vater liebt den Sohn, und alles hat er ihm in seine Hand gegeben 13,3; Matth. 11,27; 28,18..
36 Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorcht, der wird kein Leben schauen; sondern Gottes Zorn lastet immerfort auf ihm V.31-36 ist wohl als eine Betrachtung des Evangelisten anzusehen und nicht als Fortsetzung der Rede des Täufers..
1 Einer der führenden Juden, ein Pharisäer namens Nikodemus,
2 kam eines Nachts zu Jesus. "Rabbi", sagte er, "wir alle wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott uns geschickt hat, denn deine Wunderzeichen beweisen, dass Gott mit dir ist."
3 "Ich versichere dir", erwiderte Jesus, "wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht einmal sehen."
4 "Wie kann ein Mensch denn geboren werden, wenn er schon alt ist?", wandte Nikodemus ein. "Er kann doch nicht in den Bauch seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden!"
5 "Ja, ich versichere dir", erwiderte Jesus, "und bestätige es noch einmal: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
6 Menschliches Leben wird von Menschen geboren, doch geistliches Leben von Gottes Geist.
7 Wundere dich also nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden.
8 Der Wind weht, wo er will. Du hörst ihn zwar, aber du kannst nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist."
9 "Wie ist so etwas möglich?", fragte Nikodemus.
10 Jesus erwiderte: "Du als Lehrer Israels weißt das nicht?
11 Ja, ich versichere dir: Wir reden nur von dem, was wir kennen. Und was wir bezeugen, haben wir gesehen. Doch ihr nehmt unsere Worte nicht ernst.
12 Ihr glaubt ja nicht einmal, wenn ich über Dinge rede, die hier auf der Erde geschehen. Wie wollt ihr mir dann glauben, wenn ich euch sage, was im Himmel geschieht?
13 Es ist noch nie jemand in den Himmel hinaufgestiegen. Der einzige, der dort war, ist der, der aus dem Himmel herabgekommen ist, der Menschensohn.
14 Und wie Mose damals in der Wüste die Schlange für alle sichtbar aufgerichtet hat, so muss auch der Menschensohn sichtbar aufgerichtet werden,
15 damit jeder, der ihm vertraut, ewiges Leben hat.
16 Denn so hat Gott der Welt seine Liebe gezeigt: Er gab seinen einzigen Sohn dafür, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern ewiges Leben hat.
17 Gott hat seinen Sohn ja nicht in die Welt geschickt, um sie zu verurteilen, sondern um sie durch ihn zu retten.
18 Wer ihm vertraut, wird nicht verurteilt, wer aber nicht glaubt, ist schon verurteilt. Denn der, an dessen Namen er nicht geglaubt hat, ist der einzigartige Sohn Gottes.
19 Und so vollzieht sich das Gericht: Das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Taten waren schlecht.
20 Wer Böses tut, scheut das Licht. Er kommt nicht ans Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.
21 Wer sich aber nach der Wahrheit richtet, tritt ans Licht, denn so wird sichtbar, dass sein Tun in Gott gegründet ist."
22 Danach ging Jesus mit seinen Jüngern in das Gebiet von Judäa. Er blieb einige Zeit dort, um Menschen zu taufen.
23 Auch Johannes taufte damals in Änon, nicht weit von Salim, weil es dort reichlich Wasser gab. Immer noch kamen Menschen zu ihm, um sich taufen zu lassen,
24 denn er war noch nicht im Gefängnis.
25 Da kam es zwischen einigen Jüngern des Johannes und einem Juden zu einem Streit über die Reinigungsvorschriften.
26 Deshalb gingen sie zu Johannes. "Rabbi", sagten sie, "der Mann, der auf der anderen Jordanseite zu dir gekommen ist und auf den du hingewiesen hast, der tauft jetzt auch, und alle gehen zu ihm."
27 Johannes entgegnete: "Kein Mensch kann sich auch nur das Geringste nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist.
28 Ihr selbst könnt bezeugen, dass ich sagte: 'Ich bin nicht der Messias, sondern ich bin nur geschickt worden, ihm den Weg zu bahnen.'
29 Wer die Braut bekommt, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams steht dabei und freut sich, wenn er dessen Stimme hört. Das ist auch jetzt meine ganze Freude.
30 Er muss immer größer werden, ich dagegen geringer."
31 Ja, er ist von oben gekommen und größer als alle anderen. Wer von der Erde stammt, redet aus irdischer Sicht. Der vom Himmel kommt, steht über allen
32 und bezeugt, was er dort gesehen und gehört hat, aber keiner nimmt ihm seine Botschaft ab.
33 Doch wer auf ihn hört, bestätigt damit, dass Gott wahrhaftig ist.
34 Denn er ist von Gott gesandt und verkündigt Gottes eigene Worte, weil Gott ihm den Geist ohne jede Einschränkung gegeben hat.
35 Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gelegt.
36 Wer an den Sohn glaubt, wer ihm vertraut, hat ewiges Leben. Wer dem Sohn aber nicht gehorcht, wird das ewige Leben nie zu sehen bekommen, denn Gottes Zorn wird auf ihm bleiben.