1 Als Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern:
2 "Ihr wißt, daß übermorgen das Passahfest D.h. das Verschonungsfest, das jährlich am Abend des 14. Nisan zum Andenken an die Verschonung der Israeliten vor der letzten ägyptischen Plage gefeiert wurde. ist; dann wird der Menschensohn dem Kreuzestod überliefert."
3 Da versammelten sich die Hohenpriester und Ältesten des Volkes Die Mitglieder des Hohen Rates. in dem Palast des Hohenpriesters, namens Kaiphas Er hieß eigentlich Josef; Kaiphas (das von manchen Kephas = Stein gedeutet wird) war nur sein Beiname; er war Hoherpriester von 18-36 n. Chr.,
4 und beratschlagten, wie sie Jesus mit List in ihre Gewalt bekommen und töten könnten.
5 Sie sagten aber: "Nur nicht am Fest! Es könnte sonst zu einer Volkserhebung kommen Griff man den Herrn auf offenem Fest, so mußte man fürchten, daß ihn das Volk zu befreien suchte. Erst als der Hohe Rat Jesus den Römern überantwortet hatte, brauchte er nicht mehr die Öffentlichkeit zu scheuen.."
6 Als sich nun Jesus in Bethanien im Haus Simons des Aussätzigen aufhielt 21,17. Simon war früher aussätzig gewesen und vielleicht von Jesus geheilt worden.,
7 trat eine Frau zu ihm mit einem Glas kostbaren Salböls und goß es auf sein Haupt, während er auf seinem Sitz beim Mahl ruhte Man saß beim Mahl nicht auf Stühlen, sondern lag auf Polstern. Das Waschen und Salben der Füße war beim Mahl etwas Gewöhnliches..
8 Bei diesem Anblick wurden die Jünger unwillig und sprachen:
9 "Schade um das Salböl! Man hätte es teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können."
10 Jesus hörte das und sprach zu ihnen: "Warum kränkt ihr die Frau? Sie hat ein rühmlich Werk an mir getan.
11 Denn Arme habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer.
12 Mit diesem Öl, das sie auf meinen Leib gegossen, hat sie mich zum Begräbnis gesalbt.
13 Wahrlich, ich sage euch: Wo in der weiten Welt diese meine Heilsbotschaft verkündigt wird, da wird man auch zu ihrem Gedächtnis von ihrer Tat erzählen."
14 Darauf ging einer der Zwölf, mit Namen Judas, aus Kariot, zu den Hohenpriestern
15 und sprach: "Was wollt ihr mir geben, wenn ich ihn euch in die Hände liefere?" Sie zahlten ihm dreißig Silberlinge Ein Silberling (Sekel) ist etwa 3 Goldmark. Vgl. Sach. 11,12..
16 Seitdem suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, ihn zu verraten.
17 Am ersten Tag der ungesäuerten Brote Während der ganzen Festfeier vom 14.-21. Nisan mußte ungesäuertes Brot gegessen werden (2. Mos. 12,18-20). Am Abend des 13. Nisan wurde aller Sauerteig gesammelt und am Morgen des 14. verbrannt. traten die Jünger zu Jesus und fragten ihn: "Wo sollen wir das Passahmahl bereiten? Dieses Mahl hielt jede Familie am Abend des 14. Nisan, nachdem der Hausvater vorher im Tempelvorhof das Passahlamm geopfert hatte."
18 Er antwortete: "Geht in die Stadt Jerusalem. zu dem und dem Hier nennt Jesus den Namen des ihm befreundeten Hausbesitzers, den aber der Evangelist aus unbekannten Gründen verschweigt. und sprecht zu ihm: 'Der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit Der Zeitpunkt meines Todes. ist nahe; bei dir will ich das Passah halten mit meinen Jüngern Jesus sollte und wollte vor seinem Tod noch das Passah halten..'"
19 Die Jünger führten Jesu Auftrag aus und richteten die Passahmahlzeit zu.
20 Als dann der Abend kam, nahm er mit den zwölf Jüngern beim Mahl Platz Die Passahmahlzeit fand nach jüdischen Berichten in folgender Ordnung statt: Nach einem Dankgebet trank der Hausvater mit seinen Tischgenossen den ersten Becher Wein; während des Mahls wurden vier Becher roten, mit Wasser gemischten Weins getrunken. Nach dem ersten Becher wurde ein Tisch mit bitteren Kräutern aufgetragen, die an die bitteren Leiden Israels in Ägypten erinnern sollten. Davon aß man, bis das ungesäuerte Brot mit dem Passahlamm vorgesetzt wurde. Nach einem abermaligen Dankgebet wurde der zweite Becher eingeschenkt. Nun gab der Hausvater eine Belehrung über die Bedeutung des Festes. Im Anschluß daran wurde der erste Teil des Hallel oder Lobgesangs (Ps. 113 und 114) angestimmt, worauf der zweite Becher getrunken wurde. Dann nahm der Hausvater zwei ungesäuerte Brote, brach das eine, sprach den Segen darüber, umwickelte ein Stück davon mit bitteren Kräutern, tunkte es in einen Brei (Charoset genannt) und aß es. Jetzt begann erst die eigentliche Mahlzeit, indem man das in den Brei getunkte Brot und das Passahlamm aß. Nach dem Essen segnete und trank der Hausvater den dritten Becher, den Becher des Lobpreises oder des Segens (1. Kor. 10,16). Nachdem der vierte Becher eingeschenkt war, wurde der zweite Teil des Hallel (Ps. 115-118) gesungen..
21 Während sie aßen, sprach er: "Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten!"
22 Da wurden sie tief betrübt, und einer nach dem anderen fragte ihn: "Herr, ich bin's doch nicht?"
23 Er erwiderte: "Der eben seine Hand mit mir in die Schüssel getunkt hat Gemeint ist das Eintunken des Brotes oder Fleisches in den Brei (Charoset)., der wird mich verraten.
24 Der Menschensohn geht zwar zum Tode, das steht ja von ihm geschrieben. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Für diesen Menschen wäre es am besten, er wäre nie geboren."
25 Da nahm Judas, sein Verräter, das Wort und fragte ihn: "Ich bin's doch nicht, Meister?" Er sprach zu ihm: "Du bist es Wörtlich: "Du hast es gesagt."."
26 Als sie aßen, nahm Jesus das Brot Er nahm eines der auf dem Tisch liegenden ungesäuerten Brote in die Hand., sprach den Segen, brach's und gab es seinen Jüngern mit den Worten: "Nehmt, eßt, das Dieses Brot. ist mein Leib!"
27 Darauf nahm er einen Becher, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten:
28 "Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes 2. Mos. 24,8; Sach. 9,11., das für viele vergossen werden soll zur Vergebung der Sünden.
29 Doch ich sage euch: Ich will nie wieder von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, wo ich den neuen Wein mit euch trinke in meines Vaters Königreich."
30 Nach dem Lobgesang Dem zweiten Teil des großen Hallel, Ps. 115-118. gingen sie hinaus an den Ölberg.
31 Auf dem Weg dorthin sprach Jesus zu ihnen: "In dieser Nacht werdet ihr alle an mir irrewerden. Denn es steht geschrieben: Ich will den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen Frei nach Sach. 13,7..
32 Nach meiner Auferstehung aber will ich euch vorausgehen nach Galiläa Dort will sich Jesus mit seinen zerstreuten Aposteln wieder vereinigen.."
33 Petrus sprach zu ihm: "Wenn auch alle anderen an dir irrewerden - ich nun und nimmer!"
34 Jesus antwortete ihm: "Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, noch vor dem Hahnenschrei, wirst du mich dreimal verleugnen."
35 Petrus entgegnete ihm: "Und müßte ich auch mit dir sterben, ich verleugne dich sicher nicht." Ebenso sprachen auch alle anderen Jünger.
36 Dann kam Jesus mit seinen Jüngern zu einem Landgut Dessen Besitzer wohl mit Jesus befreundet war., mit Namen Gethsemane D.h. "Ölkelter" (es lag am westlichen Abhang des Ölbergs) oder "Kelter der Zeichen", vielleicht ein bildlich gemeinter Grundstückname. Vgl. G. Dalman: Orte und Wege Jesu, 1924, S.340.. Und er sprach zu ihnen: "Setzt euch hier nieder, während ich dorthin gehe und bete!"
37 Er nahm Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus Jakobus und Johannes (17,1). mit sich. Nun überfiel ihn Traurigkeit und Grauen,
38 und er sprach zu ihnen: "Meine Seele ist zum Tode betrübt; bleibt hier und wacht mit mir!"
39 Dann ging er ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete: "Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch Der Kelch des Leidens und des Todes. an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst."
40 Und er kam zurück zu seinen Jüngern und fand sie schlafend. Da sprach er zu Petrus: "Könnt ihr denn nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?
41 Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist Der innere Mensch (Röm. 7,22). ist zwar willig Zum Guten., aber das Fleisch Das natürliche Wesen und Wollen. ist schwach Es kann das Gute nicht vollbringen (Röm. 7,18).."
42 Dann ging er zum zweiten Mal hin und betete: "Mein Vater, kann dieser Kelch nicht vorübergehen, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe dein Wille."
43 Als er zurückkam fand er sie wieder schlafend; denn die Augen fielen ihnen zu vor Müdigkeit.
44 Und er verließ sie, ging wieder weg und betete zum dritten Mal, ganz mit denselben Worten.
45 Dann kam er zu den Jüngern und sprach zu ihnen: "Ihr schlaft noch weiter und ruht? Seht, der Augenblick ist nahe! Jetzt wird der Menschensohn in Sünderhände geliefert!
46 Auf, wir gehn! Mein Verräter naht!"
47 Während er noch redete, da erschien Judas, einer der Zwölf, begleitet von einer großen Schar, die, mit Schwertern und Knütteln bewaffnet, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes ausgesandt war.
48 Sein Verräter aber hatte ein Zeichen mit ihnen verabredet und gesagt: "Wen ich küsse, der ist's, den nehmt fest!"
49 Sogleich nun trat er auf Jesus zu mit den Worten: "Sei gegrüßt, Meister!" und küßte ihn.
50 Jesus aber sprach zu ihm: "Freund, wozu bist du hier?" Nun traten sie hinzu, legten Hand an Jesus und nahmen ihn gefangen.
51 Doch einer der Begleiter Jesu streckte seine Hand aus, zog sein Schwert, schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab.
52 Da sprach Jesus zu ihm: "Stecke dein Schwert wieder ein! Denn alle, die zum Schwert greifen, sollen durchs Schwert umkommen.
53 Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, er möge mir in diesem Augenblick mehr als zwölf Heerscharen Wörtlich: "Legionen". Eine römische Legion hatte zur Zeit des Kaisers Augustus etwa 6800 Mann. Engel zu Hilfe senden?
54 Wie würde dann aber die Schrift erfüllt? Es muß so kommen!"
55 Zugleich sprach Jesus zu der Schar: "Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knütteln ausgezogen, um mich gefangenzunehmen. Tagtäglich habe ich im Tempel gesessen und gelehrt, und ihr habt mich nicht festgenommen."
56 - Dies alles aber ist geschehen, damit sich die Schriften der Propheten erfüllten V.56 gehört nicht mehr zu den Worten Jesu; es ist eine Bemerkung des Evangelisten.. - Da verließen ihn alle seine Jünger und flohen.
57 Nach seiner Gefangennahme ward Jesus zu dem Hohenpriester Kaiphas geführt, bei dem sich die Schriftgelehrten und Ältesten versammelt hatten.
58 Petrus aber folgte ihm von weitem bis zu des Hohenpriesters Palast; dort trat er ein und setzte sich zu den Dienern, um zu sehen, wie es ende.
59 Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat suchten nach einem falschen Zeugnis gegen Jesus, damit sie ihm zum Tod verurteilen könnten.
60 Aber obwohl viele falsche Zeugen auftraten, fanden sie doch keines. Schließlich kamen zwei
61 und sagten aus: "Dieser Mann hat behauptet: Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und ihn in drei Tagen wiederbauen Dies ist eine Verdrehung der Worte Jesu in Joh. 2,19.."
62 Da erhob sich der Hohepriester und sprach zu ihm: "Antwortest du nichts auf das, was diese wider dich vorbringen?"
63 Doch Jesus schwieg. Dach sprach der Hohepriester zu ihm: "Ich beschwöre dich bei Gott, dem Lebendigen: Sag uns: bist du der Messias, Gottes Sohn Der Zusatz "Gottes Sohn" erklärt den Ausdruck "der Messias" näher. Daß der Name "Gottes Sohn" hier in seiner vollen Bedeutung steht wie 16,16, wird durch V.64 bestätigt Denn der Hohepriester und der Hohe Rat finden darin eine Gotteslästerung. Das wäre aber unmöglich gewesen, wenn dem Hohenpriester "Gottes Sohn" nichts weiter bedeutet hätte als "Messias" nach der gewöhnlichen jüdischen Vorstellung.?"
64 Jesus erwiderte: "Ja, ich bin's Wörtlich: "Du hast's gesagt". Dies ist eine eidliche Bejahung der Frage des Hohenpriesters.. Doch ich versichere euch: Von nun an sollt ihr den Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Macht Der göttlichen Allmacht. und kommen auf des Himmels Wolken Ps. 110,1; Dan. 7,13.."
65 Da zerriß der Hohepriester seine Kleider Sonst Ausdruck der Trauer (2. Sam. 1,11), in dieser Hinsicht jedoch dem Hohenpriester verboten (3. Mos. 10,6); hier Ausdruck des Unwillens. Das jüdische Strafrechtsverfahren schrieb übrigens den Richtern das Zerreißen der Kleider zur Bezeugung einer Gotteslästerung vor. und sprach: "Er hat Gott gelästert! Was brauchen wir noch weiter Zeugen? Ihr habt ja selbst seine Gotteslästerung gehört.
66 Wie urteilt ihr?" Sie erwiderten ihm: "Er ist des Todes schuldig Wann ist nach jüdischen Gesetz der Gotteslästerer des Todes schuldig? Nur wenn er bei seiner Lästerung den "Namen" (den Jahwenamen) deutlich ausspricht. Der Hohe Rat weiß, vielleicht durch den Verräter Judas, Jesus hat sich (Matth. 16,16) Jahwes Sohn nennen lassen. Aber man kann es ihm nicht, der Vorschrift gemäß, durch zwei oder drei Zeugen beweisen. Darum erzwingt der Hohepriester gleichsam durch seine beschwörende Frage von Jesus die entscheidende Antwort. (So Bornhäuser: Zum Petrusbekenntnis und zur Hohenpriesterfrage, S.80f.).!"
67 Nun spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten; andere gaben ihm Backenstreiche
68 und sprachen dabei (höhnisch): "Zeig dich als Prophet, Messias! Sag uns: wer hat dich geschlagen Jesus soll den Namen des Betreffenden nennen.?"
69 Unterdes saß Petrus draußen im Hof Gemeint ist der innere Hof in der Mitte des viereckigen Gebäudes; das Verhör fand im Inneren des Palastes statt.. Da kam eine Magd auf ihn zu und sprach: "Du warst auch bei dem Jesus aus Galiläa!"
70 Er leugnete aber in Gegenwart aller und sagte: "Ich verstehe nicht, was du von mir willst."
71 Als er dann aus dem inneren Hof in die Halle Die in den äußeren Hof führte. trat, sah ihn eine andere Magd. Die sprach zu den Leuten dort: "Der hier hat zu Jesus von Nazaret gehört!"
72 Und wieder leugnete er und schwur dazu: "Ich kenne den Menschen nicht!"
73 Nach einer kleinen Weile traten die Umstehenden zu Petrus und sprachen: "Wahrhaftig, du gehörst auch zu ihnen! Schon deine Mundart verrät dich Die Galiläer wurden wegen ihrer Aussprache, die namentlich die Kehllaute nicht gehörig unterschied, von den Judäern verspottet.."
74 Da fing er an, sich zu verwünschen und zu schwören: "Ich kenne den Menschen nicht!" In dem Augenblick krähte ein Hahn L. Schneller hat in Jerusalem wahrgenommen, daß dort der Hahn jede Nacht zuerst zwischen 10 und 11 Uhr kräht. ("Der Bote aus Zion", März 1922, S. 7.).
75 Da dachte Petrus an Jesu Wort: "Noch vor dem Hahnenschrei wirst du mich dreimal verleugnen." Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
1 Als Jesus seine Reden abgeschlossen hatte, sagte er zu den Jüngern:
2 "Ihr wisst, dass in zwei Tagen das Passafest beginnt. Dann wird der Menschensohn ausgeliefert und ans Kreuz genagelt werden."
3 Etwa um die gleiche Zeit kamen die Hohen Priester und die Ältesten des Volkes im Palast des Hohen Priesters Kajafas zusammen
4 und fassten den Beschluss, Jesus heimlich festzunehmen und dann zu töten.
5 "Auf keinen Fall darf es während des Festes geschehen", sagten sie, "sonst gibt es einen Aufruhr im Volk."
6 Jesus war in Betanien bei Simon dem Aussätzigen zu Gast.
7 Während des Essens kam eine Frau herein, die ein Alabastergefäß mit sehr kostbarem Salböl mitbrachte. Sie goss Jesus das Öl über den Kopf.
8 Als die Jünger das sahen, waren sie empört. "Was soll diese Verschwendung?", sagten sie.
9 "Man hätte dieses Öl teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können."
10 Jesus merkte es und sagte zu ihnen: "Warum macht ihr es der Frau so schwer? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
11 Arme wird es immer bei euch geben, aber mich habt ihr nicht mehr lange bei euch.
12 Als sie das Öl über mich goss, hat sie meinen Körper im Voraus zum Begräbnis gesalbt.
13 Und ich versichere euch: Überall in der Welt, wo man die gute Botschaft predigen wird, wird man auch von dem reden, was diese Frau getan hat."
14 Danach ging einer der Zwölf, es war Judas, der Sikarier, zu den Hohen Priestern
15 und sagte: "Was gebt ihr mir, wenn ich euch Jesus ausliefere?" Sie zahlten ihm dreißig Silberstücke.
16 Von da an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, Jesus zu verraten.
17 Am ersten Tag der Festwoche der "Ungesäuerten Brote" fragten die Jünger Jesus: "Wo sollen wir das Passamahl vorbereiten?"
18 Er sagte: "Geht in die Stadt zu dem und dem und sagt ihm: 'Der Rabbi lässt sagen: Meine Zeit ist gekommen. Ich will mit meinen Jüngern bei dir das Passamahl feiern.'"
19 Die Jünger machten alles genauso, wie Jesus es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passa vor.
20 Am Abend legte sich Jesus mit den Zwölf zu Tisch.
21 Während der Mahlzeit sagte er: "Ich versichere euch: Einer von euch wird mich ausliefern."
22 Sie waren bestürzt, und einer nach dem anderen fragte ihn: "Das bin doch nicht ich, Herr?"
23 Jesus erwiderte: "Einer, der mit mir die Hand in die Schüssel taucht, wird mich ausliefern.
24 Der Menschensohn geht zwar den Weg, der ihm in der Schrift vorausgesagt ist; doch weh dem Menschen, durch den er ausgeliefert wird. Für diesen Menschen wäre es besser, er wäre nie geboren."
25 Da sagte auch Judas, der Verräter, zu ihm: "Ich bin es doch nicht etwa, Rabbi?" - "Doch", antwortete Jesus, "du bist es."
26 Noch während sie aßen, nahm Jesus ein Fladenbrot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und gab es seinen Jüngern mit den Worten: "Nehmt und esst, das ist mein Leib!"
27 Dann nahm er einen Becher, sprach das Dankgebet, reichte ihnen auch den und sagte: "Trinkt alle daraus!
28 Das ist mein Blut, das Blut, das für viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird und den Bund zwischen Gott und Menschen besiegelt.
29 Und ich versichere euch, dass ich bis zu dem Tag, an dem Gott seine Herrschaft aufrichtet, keinen Wein mehr trinken werde. Dann allerdings, im Reich meines Vaters, werde ich neuen Wein mit euch trinken."
30 Als sie dann ein Loblied gesungen hatten, gingen sie zum Ölberg hinaus.
31 "In dieser Nacht werdet ihr mich alle verlassen", sagte Jesus unterwegs zu ihnen, "denn es steht geschrieben: 'Ich werde den Hirten erschlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.'
32 Aber nach meiner Auferstehung werde ich euch nach Galiläa vorausgehen."
33 Da sagte Petrus zu ihm: "Und wenn alle an dir irre werden - ich werde dich nie verlassen!"
34 "Ich versichere dir", erwiderte Jesus, "noch heute Nacht, noch bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."
35 "Nein!", erklärte Petrus. "Und wenn ich mit dir sterben müsste! Niemals werde ich dich verleugnen!" Das Gleiche beteuerten auch alle anderen.
36 Dann kamen sie zu einem Olivenhain namens Getsemani. Dort sagte Jesus zu seinen Jüngern: "Setzt euch hier her und wartet, bis ich gebetet habe!"
37 Petrus und die beiden Zebedäussöhne jedoch nahm er mit. Auf einmal wurde er von schrecklicher Angst und von Grauen gepackt
38 und sagte zu ihnen: "Die Qualen meiner Seele bringen mich fast um. Bleibt hier und wacht!"
39 Er ging noch ein paar Schritte weiter, warf sich nieder, mit dem Gesicht zur Erde, und betete: "Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst."
40 Als er zurückkam, fand er die Jünger schlafend und sagte zu Petrus: "Konntet ihr nicht eine einzige Stunde mit mir wachen?
41 Seid wachsam und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist ist willig, aber der Körper ist schwach."
42 Danach ging er ein zweites Mal weg und betete: "Mein Vater, wenn es nicht anders sein kann und ich diesen Kelch trinken muss, dann geschehe dein Wille!"
43 Als er zurückkam, fand er sie wieder eingeschlafen. Sie konnten ihre Augen vor Müdigkeit nicht offen halten.
44 Er ließ sie schlafen, ging wieder weg und betete zum dritten Mal dasselbe.
45 Dann kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte zu ihnen: "Schlaft ihr denn immer noch? Ruht ihr euch immer noch aus? Genug damit, es ist so weit! Die Stunde ist gekommen. Jetzt wird der Menschensohn den Sündern in die Hände gegeben.
46 Steht auf, lasst uns gehen! Der Verräter ist schon da."
47 Kaum hatte er das gesagt, kam Judas, einer der Zwölf, mit einer großen Schar von Bewaffneten. Sie trugen Schwerter und Knüppel und waren von den Hohen Priestern und Ältesten geschickt.
48 Der Verräter hatte ein Zeichen mit ihnen verabredet: "Der, den ich zur Begrüßung küssen werde, der ist es. Den müsst ihr festnehmen."
49 Judas ging gleich auf Jesus zu. "Sei gegrüßt, Rabbi!", sagte er und küsste ihn.
50 Jesus entgegnete ihm: "Dazu bist du gekommen, Freund?" Da traten die Männer heran, packten Jesus und nahmen ihn fest.
51 Doch einer von den Männern, die bei Jesus waren, zog ein Schwert. Er schlug auf den Sklaven des Hohen Priesters ein und hieb ihm ein Ohr ab.
52 "Steck dein Schwert weg!", sagte Jesus zu ihm. "Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durchs Schwert umkommen.
53 Meinst du nicht, dass ich meinen Vater um Hilfe bitten könnte und er mir sofort mehr als zwölf Legionen Engel stellen würde?
54 Wie könnten sich dann aber die Aussagen der Schrift erfüllen, nach denen es so geschehen muss?"
55 Dann wandte sich Jesus an die Bewaffneten und sagte: "Bin ich denn ein Verbrecher, dass ihr mit Schwertern und Knüppeln auszieht, um mich zu verhaften? Ich war doch täglich bei euch im Tempel und lehrte dort. Da habt ihr mich nicht festgenommen.
56 Aber es muss sich natürlich erfüllen, was in den Prophetenschriften über mich vorausgesagt ist." Da ließen ihn alle Jünger im Stich und flohen.
57 Die, die Jesus festgenommen hatten, brachten ihn zu dem Hohen Priester Kajafas, wo sich bereits die Ratsältesten und die Gesetzeslehrer versammelt hatten.
58 Petrus folgte ihnen in weitem Abstand bis in den Innenhof des Palastes. Dort setzte er sich zu den Dienern und wärmte sich am Feuer. Er wollte sehen, wie alles ausgehen würde.
59 Währenddessen suchten die Hohen Priester und der ganze Hohe Rat nach einer Zeugenaussage gegen Jesus, die es rechtfertigen würde, ihn zum Tod zu verurteilen.
60 Doch ihre Bemühungen waren vergeblich, obwohl viele falsche Zeugen gegen Jesus aussagten. Schließlich standen zwei falsche Zeugen auf
61 und sagten: "Der da hat behauptet: 'Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen.'"
62 Da erhob sich der Hohe Priester und fragte Jesus: "Hast du darauf nichts zu sagen? Wie stellst du dich zu diesen Anklagen?"
63 Aber Jesus schwieg. Darauf fragte ihn der Hohe Priester noch einmal: "Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott: Bist du der Messias, der Sohn Gottes, oder nicht?"
64 "Ich bin es!", erwiderte Jesus. "Doch ich sage euch: In Zukunft werdet ihr den Menschensohn sehen, wie er an der rechten Seite des Allmächtigen sitzt und mit den Wolken des Himmels kommt."
65 Da riss der Hohe Priester sein Gewand am Halssaum ein und rief: "Er hat gelästert! Was brauchen wir noch Zeugen? Jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört!
66 Was ist eure Meinung?" - "Schuldig!", riefen sie. "Er muss sterben!"
67 Dann spuckten sie Jesus ins Gesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Andere gaben ihm Ohrfeigen
68 und höhnten: "Na, wer war es, Messias? Du bist doch ein Prophet!"
69 Während sich Petrus noch draußen im Hof aufhielt, kam eine Dienerin auf ihn zu und sagte: "Du warst doch auch mit dem Jesus aus Galiläa zusammen!"
70 Aber Petrus stritt es vor allen ab. "Ich weiß nicht, wovon du redest!", sagte er
71 und ging zum Torgebäude hinaus. Dabei sah ihn eine andere Dienerin und sagte zu denen, die herumstanden: "Der war auch mit dem Jesus aus Nazaret zusammen."
72 Wieder stritt Petrus das ab und schwor: "Ich kenne den Mann überhaupt nicht!"
73 Kurz darauf fingen auch die Umstehenden an: "Sicher gehörst du zu ihnen, dein Dialekt verrät dich ja."
74 Da fing Petrus an zu fluchen und schwor: "Ich kenne den Mann nicht!" In diesem Augenblick krähte ein Hahn.
75 Da erinnerte sich Petrus an das, was Jesus zu ihm gesagt hatte: "Bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." Und er ging hinaus und fing an, bitterlich zu weinen.