1 Dem Sangmeister Jedutun zum Vortrag übergeben. Vgl. Ps. 62,1. Ein Psalm Asafs. Der Psalm versetzt uns in eine Zeit, wo sich Israel in großer Not befand. Vielleicht ist hier an die letzte Zeit des Reiches Juda oder an die babylonische Gefangenschaft zu denken. Der Dichter ruft Gott um Hilfe an, aber trotzdem findet er nicht den rechten Trost (V.1-4). Er gedenkt der unruhig durchwachten Nächte, in denen er seine Gedanken aus der traurigen Gegenwart Israels in dessen glückliche Vergangenheit richtete (V.5-7), und er fragt sich nun: "Sollte denn Gott sein Volk für immer verstoßen haben?" (V.8-10). Ja, so scheint es tatsächlich. Alles Leid der Gegenwart kommt nur daher, daß sich Gott in seinem Verhalten Israel gegenüber geändert hat, daß er sein Volk nicht mehr mit seiner starken Helferhand schützt (V.11). Aber der Dichter verzagt doch nicht. Er blickt zurück auf die großen Taten Gottes in der Vergangenheit, besonders auf die Befreiung Israels aus Ägypten und den Durchzug durch das Rote Meer. So hoffnungslos Israel damals vor dem Schilfmeer stand, so mag auch jetzt dem menschlichen Auge die Lage des Volkes verzweifelt erscheinen. Aber der allmächtige, wunderbare Gott kann dennoch über Erwarten herrlich helfen (V.12-21).
2 Laut will ich schrein zu Elohim; / Laut ruf ich zu Elohim, daß er mich höre.
3 Zur Zeit meiner Not sucht ich Adonái. / Meine Hand hat sich zu ihm ausgestreckt / Und ist nicht erschlafft; / Meine Seele will sich nicht trösten lassen.
4 Gedenk ich Elohims, so muß ich seufzen Er muß seufzen, weil Gott, der ihm früher geholfen hat, ihn jetzt nicht mehr hört.; / Sinne ich nach Um Gott wiederzufinden., so verzagt mein Geist. Er findet keinen Trost und Halt. Sela.
5 Du hast meine Augen wach gehalten; / Ich war zerschlagen und konnte nicht reden. D.h. laut mit Worten beten. Deshalb versetzt er sich nun in seinen Gedanken in die alte Zeit.
6 Da gedachte ich denn der alten Zeit, / Der längst entschwundenen Jahre.
7 Dacht ich des Nachts an mein Saitenspiel Wie ich einst mein Saitenspiel zum Lob Gottes erklingen ließ., / So klagte ich tief, / Und grübelnd fragte mein Geist:
8 "Wird denn Adonái auf ewig verstoßen / Und nimmer wieder gnädig sein?
9 Ist denn seine Huld auf immer dahin, / Ist's mit der Verheißung für allzeit aus?
10 Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, / Oder sein Erbarmen in Zorn verschlossen?" Sela.
11 Da dacht ich denn: "Mein Leiden ist dies, / Daß die Rechte des Höchsten sich hat geändert." Er spricht aber nicht davon, daß sich das Verhalten Israels seinem Gott gegenüber geändert hat, weil das Volk Gott nicht treu geblieben ist.
12 Ich gedenke der Taten Jahs, / Ja, ich gedenke, wie du / So wunderbar seit der Vorzeit gewaltet.
13 Ich will sinnen über all dein Tun / Und dein herrliches Wirken erwägen.
14 Elohim, dein Weg ist erhaben! / Wo ist ein Gott, groß wie Elohim?
15 Du bist der Gott, der Wunder tut, / Unter den Völkern hast du deine Macht offenbart.
16 Du hast mit Kraft Wörtlich: "mit (starkem) Arm". dein Volk erlöst, / Die Söhne Jakobs und Josefs. Sela.
17 Die Wasser Des Roten Meeres (des Schilfmeeres). sahen dich, Elohim, / Die Wasser sahen dich und bebten, / Auch die Tiefen Des Schilfmeeres. - Unter mächtigem Aufruhr in der Natur schritt Gott durchs Rote Meer und bahnte seinem Volk den Weg darin. Der Psalmist malt die Errettung des Volkes bei dem Durchzug durch das Rote Meer in V.17-19 ähnlich aus wie David seine Errettung aus der Hand Sauls in Ps. 18,14ff. erzitterten.
18 Die Wolken ergossen Wasser, / Der Donner krachte aus dem Gewölk, / Und deine Pfeile Deine Blitze. flogen umher.
19 Dein Donner dröhnte im Wirbelwind; / Blitze erhellten das Erdenrund, / Es wankte und bebte die Erde.
20 Im Meer ging dein Weg dahin / Und dein Pfad durch mächtige Wasser. / Doch deine Spuren sah man nicht. Gott selbst blieb unsichtbar. Seine Fußspuren waren nachher im Wasser nicht zu erkennen; nur sein Wirken wurde offenbar.
21 Wie Schafe hast du dein Volk geleitet / Durch Moses und Aarons Hand. Die Errettung Israels in alter Zeit verbürgt dem Psalmisten auch die göttliche Hilfe für die Zukunft.
1 Dem Chorleiter. Nach der Weise Jedutuns. Ein Psalm Asafs.
2 Ich schreie zu Gott, so laut ich kann. / Ich schreie zu Gott, dass er mich hört.
3 In meiner Not suche ich den Herrn, / nachts strecke ich die Hand nach ihm aus / und lasse ihn nicht los. / Ich weigere mich, getröstet zu werden.
4 Denk ich an Gott, so stöhne ich, / sinne ich nach, verliere ich den Mut. //
5 Meine Augenlider hältst du offen, / ich bin verstört und kann nicht reden.
6 Ich denke über früher nach, / die längst vergangenen Jahre,
7 an mein Saitenspiel in der Nacht. / Ich erwäge es im Herzen, / durchforsche es mit meinem Geist.
8 Wird der Herr denn für immer verwerfen? / Wird er nicht wieder gnädig sein?
9 Ist seine Gnade für immer zu Ende? / Gilt sein Versprechen in Zukunft nicht mehr?
10 Hat Gott vergessen, gnädig zu sein? / Hat er im Zorn sein Erbarmen versperrt? //
11 Da sagte ich: "Das ist mein Schmerz, / dass das Tun des Höchsten sich verändert hat!"
12 Ich will denken an die Taten Jahwes, / dein wunderbares Wirken von einst.
13 Ich will nachdenken über dein Tun, / nachsinnen über deine Werke.
14 Alles, was du tust, ist heilig, Gott! / Wer ist ein so großer Gott wie du?
15 Du bist der Gott, der Wunder tut, / hast deine Macht an den Völkern bewiesen.
16 Du hast dein Volk mit starker Hand befreit, / die Nachkommen Jakobs und Josefs. //
17 Es sahen dich die Fluten, Gott, / sie sahen dich und bebten, / ja, die Tiefen des Meeres begannen zu zittern.
18 Die Wolken vergossen Ströme von Regen, / sie ließen den Donner grollen, / und deine Pfeile fuhren hin und her.
19 Dein Donner dröhnt im Wirbelsturm, / Blitze erhellten die Welt, / es zitterte und bebte die Erde.
20 Dein Weg führt durch das Meer, / deine Pfade durch Wassertiefen. / Doch deine Spuren konnte niemand sehn. Wie eine Herde führtest du dein Volk / durch deine Diener Mose und Aaron.