1 Ein Psalm der Söhne Korahs. Dem Sangmeister, nach schwermütiger Weise Hebräisch: "nach Machalát (s. Ps. 53,1). mit gedämpfter Stimme vorzutragen (?): eine Betrachtung (?) Hemans, des Esrahiters. Das sind zwei verschiedene Überschriften. Während die Söhne Korahs dem Stamm Levi angehörten, war Heman als Esrahit, d.h. als Sohn Serahs, ein Glied des Stammes Juda (vgl. 1. Kön. 5,11; 1. Chron. 2,3.4.6). Vielleicht ist die zweite Überschrift richtig.
2 Jahwe, du Gott meines Heils, / Tagsüber hab ich schon immer geschrien, / Des Nachts liege ich vor dir.
3 Mein Gebet möge vor dich kommen! / Neige dein Ohr meinem lauten Flehn!
4 Denn mit Leiden bin ich gesättigt, / Und mein Leben ist nahe dem Totenreich.
5 Man zählt mich schon denen zu, die in die Grube hinunterfahren; / Ich bin wie ein Mann ohne Lebenskraft.
6 Unter den Toten ist mein Lager; / Ich gleiche Erschlagnen, die im Grabe ruhn, / Deren du nicht mehr gedenkst - / Sie sind ja getrennt von deiner Hand. Von deiner helfenden und segnenden Hand (vgl. Ps. 6,6).
7 Du hast mich gelegt in die unterste Grube, / In dichte Finsternis und in die Tiefen. Bildliche Bezeichnungen des Totenreiches.
8 Auf mir lastet dein Grimm; / All deine Wogen drücken mich nieder. Sela.
9 Meine Freunde hast du von mir entfernt, / Du hast mich ihnen zum Abscheu gemacht. / Ich bin eingeschlossen, kann nicht hinaus. Das lautet wie die Klage eines Aussätzigen (vgl. 3. Mos. 13).
10 Mein Auge verschmachtet vor Elend. / Ich rufe dich, Jahwe, tagtäglich an, / Breite zu dir meine Hände aus Indem ich spreche, da ich ja immer dem Tod näherkomme: V.11-13.:
11 Tust du denn für die Toten Wunder? / Erheben sich Schatten, um dir zu danken? Stehen denn die Schatten der Unterwelt, d.h. die Verstorbenen wieder auf aus ihren Gräbern? Daran ist doch nicht zu denken! Der Psalmist kennt also noch nicht die Auferstehungshoffnung. Sela.
12 Erzählt man im Grabe von deiner Güte, / Von deiner Treue im Totenreich?
13 Wird in der Finsternis dein Wunderwalten kund / Und deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens?" D.h. im Totenreich, wo es kein Denken und Handeln mehr gibt (vgl. Pred. 9,5.6.10). Man denke hier an Lethe (die Vergessenheit), den Fluß in der Unterwelt, aus dem nach der Meinung der alten Griechen und Römer die Schatten der Toten tranken und das Vergangene vergaßen.
14 Ich aber Im Gegensatz zu den Toten in der Unterwelt. schreie, o Jahwe, zu dir, / Schon morgens begrüßt dich mein Gebet Der Inhalt des Gebets wird in V.15 kurz angegeben.:
15 "Warum denn, Jahwe, verwirfst du mich, / Verhüllest vor mir dein Angesicht?"
16 Ich bin ja so elend: hinsterbend von Jugend auf. / Das schreckliche Los, das du mir bestimmt, / Ich hab es ertragen - nun bin ich erschöpft!
17 Deine Zornesgluten gehn über mich; / Es vernichten mich deine Schrecken.
18 Wie Wasser umgeben sie mich allezeit, / Umringen mich allzumal.
19 Du hast alle Lieben von mir entfernt, / Mir bleibt als Freund nur - die Finsternis! Die Finsternis des Totenreichs ist der einzige Freund, der dem Psalmisten geblieben ist (vgl. Hiob 17,14). / Der Dichter des 88. Psalms leidet an einer Krankheit, bei der er den sicheren Tod vor Augen sieht (V.4-6). Nach V.9 scheint es sich um den Aussatz zu handeln, und aus V.16 würde dann hervorgehen, daß der Psalmist mit diesem entsetzlichen Leiden schon von Jugend auf behaftet gewesen ist. Er wäre, wenn dies alles zutrifft, ein Dulder wie Hiob. Aber in seinem furchtbaren Leiden, ja in seiner Hoffnungslosigkeit ruft er doch unaufhörlich zu Gott (V.14). Je höher seine Not steigt, desto inniger schließt er sich an Gott. Und kann er auch keine Hilfe erwarten, so will er doch in seinem tiefen Weh sein Herz vor Gott ausschütten und ihm schweigend sein Los überlassen.
1 Ein Psalmlied der Nachkommen Korachs. Dem Chorleiter. Zu singen auf schwermütige Weise. Ein Lehrgedicht von Heman, dem Esrachiter.
2 Jahwe, Gott meines Heils, / Tag und Nacht schrei ich zu dir!
3 Lass mein Gebet zu dir kommen! / Hör doch auf mein Rufen!
4 Mit Leid bin ich gesättigt, / mein Leben ist dem Tode nah.
5 Ich werde schon zu den Toten gezählt. / Ich bin wie ein Mann ohne Kraft.
6 Ich bin wie einer, der schon im Massengrab liegt, / ein Erschlagener, an den du nicht mehr denkst. / Deine Hilfe erreicht ihn nicht mehr.
7 Du hast mich in die tiefste Grube gelegt, / in die finstersten Tiefen.
8 Schwer liegt dein Zorn auf mir, / mit all deinen Wogen drückst du mich nieder. //
9 Meine Freunde hast du von mir entfernt, / sie wenden sich mit Abscheu von mir ab. / Ich bin gefangen und kann nicht heraus.
10 Meine Augen vergehen vor Elend. Jeden Tag rufe ich zu dir, Jahwe, / und strecke meine Hände nach dir aus.
11 Wirst du an den Toten Wunder tun? / Sollen die Gestorbenen dich preisen? //
12 Wird man im Grab von deiner Gnade erzählen, / im Abgrund von deiner Treue?
13 Werden in der Finsternis deine Wunder bekannt, / und deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens?
14 Ich aber, Jahwe, ich schreie zu dir. / Jeden Morgen empfängt dich mein Gebet.
15 Warum, Jahwe, verabscheust du mich, / verbirgst du dein Gesicht vor mir?
16 Elend und todkrank von Jugend auf / trage ich erstarrt deine Schrecken.
17 Wie ein Feuer rast dein Zorn über mich hin, / deine Schrecken vernichten mich.
18 Wie tödliche Fluten dringen sie auf mich ein, / von allen Seiten bedrohen sie mich. Freunde und Nachbarn hast du mir entfremdet, / mein einziger Begleiter ist die Finsternis.