1 Eine Betrachtung (?) Etans, des Esrahiters. Vgl. Ps. 89,1. - Die Verfasserschaft Etans, des Esrahiters, eines Zeitgenossen Davids und Salomos, läßt sich bei diesem Psalm schwerlich festhalten. Denn aus seinem Inhalt geht hervor, daß er erst nach dem Untergang des Reiches Juda im Jahr 586 v.Chr. und der Entthronung des Hauses Davids entstanden ist. Der Psalm geht davon aus, daß Gott dem David die herrlichsten Verheißungen gegeben hat. Aber im schärfsten Gegensatz dazu steht das traurige Geschick, das über Davids Thron und Reich hereingebrochen ist. Doch der Dichter baut auf die Treue Gottes, der sein Wort an seinem Gesalbten und seinem ganzen Volk sicher erfüllen wird. Im Licht des Neuen Testaments wissen wir, daß Christus den Thron seines Ahnherrn David empfangen hat und daß sein Reich kein Ende nehmen wird (Luk. 1,31-33).
2 Jahwes Gnaden D.h. Gottes gnädige Verheißungen. will ich ewig besingen, / Für und für deine Treue verkünden.
3 Denn ich sage: Der Gnadenbau währet für immer D.h. Gottes Gnade währet ewig., / Am Himmel befestigst du deine Treu. So daß sie fest wie die Sonne über der Erde steht.
4 "Ich schloß einen Bund mit meinem Erwählten Nämlich: mit David. - In V.4 und 5 folgen Worte Gottes; sie bilden den Hauptinhalt der David und seinen Nachkommen gegebenen Verheißungen, auf die der Psalmist dann von V.20 an näher eingeht., / Hab meinem Knechte David geschworen:
5 Auf ewig laß ich deinen Samen bestehn, / Deinen Thron will ich baun für alle Geschlechter." Sela.
6 Da priesen die Himmel, o Jahwe, dein Wunder Die Bundschließung Gottes mit David wurde im Himmel von den Engeln als ein Wunder der göttlichen Gnade laut gepriesen., / Deine Treu in der Heilgen Versammlung. Die Heiligen sind die Engel.
7 Denn wer in den Wolken ist Jahwe ähnlich, / Wer gleicht ihm unter den Gottessöhnen? Die Söhne Gottes sind die Engel.
8 Man fürchtet Gott sehr in der Heiligen Rat In der Ratsversammlung der Engel.; / Es scheuen ihn alle, die um ihn sind. Die Engel; vgl. Jes. 6,2-3; 1. Kön. 22,19; Dan. 7,10.
9 Jahwe, der Heerscharen Gott, wer ist wie du? / Jah Über den Gottesnamen "Jah" s. den Schluß der Einleitung., du bist stark, / Und deine Treue ist um dich her. Gottes Herrlichkeit würde nur schrecken; aber seine Treue, die gleichsam seine stete Begleiterin ist, erweckt Vertrauen zu ihm trotz seiner überwältigenden Majestät.
10 Du bändigst des Meeres Stolz Das stolze Brausen des Meeres.; / Wenn sich seine Wogen türmen - du stillest sie.
11 Du hast ja Rahab Ägypten (vgl. Ps. 87,4). zermalmt wie einen Durchbohrten So daß das stolze Ägypten wie ein tödlich Getroffener dahinsank., / Mit deinem starken Arm hast du deine Feinde zerstreut. Wahrscheinlich eine Anspielung auf die Vernichtung der Ägypter bei dem Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer.
12 Dein ist der Himmel, dein auch die Erde; / Die Welt und was sie füllet - du hast sie gegründet.
13 Norden und Süden - du hast sie geschaffen. / Tabor und Hermon jauchzen ob deines Namens. Diese beiden Berge, der liebliche Tabor im Westen und der hochragende Hermon im Osten des Landes Kanaan, machen den Eindruck, als freuten sie sich über Gottes herrliche Schöpfermacht.
14 Dein ist ein Arm mit Heldenkraft. / Mächtig ist deine Hand, deine Rechte erhaben.
15 Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stützen, / Gnade und Treue gehn vor dir her.
16 Heil dem Volke, das Jubel kennt Gemeint ist der Jubel darüber, daß Gott der König Israels ist., / Das im Licht deines Angesichts wandelt, o Jahwe!
17 Ob deines Namens werden sie allzeit jubeln, / Und durch deine Treue stehen sie aufrecht da. So daß sie keine Not und Gefahr niederbeugen kann.
18 Denn du gibst die Kraft, die sie schmückt, / Durch deine Huld machst du uns mächtig.
19 Denn von Jahwe kommt unser Schutz, / Und der Heilige Israels schirmt unsern König. So daß Davids Thron nicht für immer umgestoßen bleibt.
20 Damals Als Gott die Verheißung in V.4 gab. hast du im Gesicht Im nächtlichen Traumgesicht (2. Sam. 7,4; 1. Chron. 17,3). gesprochen zu deinen Vertrauten Dem Propheten Natan (2. Sam. 7,4ff.; 1. Chron. 17,3ff.).: / Ich habe einem Helden Beistand geliehn, / Einen Jüngling Nämlich: David, den jüngsten Sohn Isais. erhöht aus dem Volk.
21 Meinen Knecht David hab ich gefunden, / Mit meinem heilgen Öl ihn gesalbt.
22 Meine Hand soll ihn stützen, / Auch mein Arm ihn stärken.
23 Kein Feind darf ihn unversehns überfallen, / Kein Frevler ihn drücken.
24 Seine Dränger will ich vor ihm zerschmettern, / Und, die ihn hassen, schlagen.
25 Ihn aber soll meine Treue und Gnade begleiten, / Und durch meinen Namen wird groß seine Macht.
26 Seine Hand will ich legen aufs Meer / Und auf die Ströme seine Rechte. Damit er davon Besitz ergreife. In V.26 wird dem König die Weltherrschaft verheißen.
27 Er wird zu mir sprechen: 'Mein Vater bist du, / Mein Gott und der Hort, der mir hilft.' Vgl. 2. Sam. 7,14-16.
28 Und ich will ihn machen zum Erstgebornen, / Zum höchsten der Könige auf Erden.
29 Auf ewig will ich ihm meine Huld bewahren, / Und es bleibt mein Bund ihm getreu.
30 Seine Nachkommen will ich für immer erhalten, / Seinen Thron, solange der Himmel währt.
31 Verlassen seine Söhne mein Gesetz, / Und wandeln sie nicht nach meinen Rechten,
32 Entweihen sie meine Satzungen, / Und halten sie meine Gebote nicht:
33 So straf ich zwar mit dem Stab Mit der züchtigenden Rute. ihre Vergehn / Und ihre Verschuldung mit Schlägen;
34 Meine Huld aber werd ich ihm David. nicht entziehn / Und meine Treue nicht brechen.
35 Ich will meinen Bund nicht entweihn / Und meiner Lippen Versprechen nicht ändern.
36 Eins hab ich geschworen bei meiner Heiligkeit: / David werd ich wahrlich nicht lügen.
37 Seine Nachkommen sollen ewig bleiben, / Sein Thron vor mir stehn so lang wie die Sonne,
38 Wie der Mond, der für immer bleibt / Als ein dauernder Zeuge Für den Fortbestand des Davidischen Geschlechts. in dem Gewölk." Sela.
39 Und dennoch hast du verschmäht und verworfen! Nämlich: König und Volk. / Du hast über deinen Gesalbten Den gesalbten König aus Davids Haus. gezürnt,
40 Hast aufgehoben den Bund mit deinem Knecht Der König ist der König., / Seine Krone entweiht und zu Boden geworfen.
41 Du hast all seine Mauern zerrissen Vgl. Ps. 80,13; Jes. 5,5. - Von V.41-46 scheint der Psalmist außer dem König auch an das Volk zu denken, und zwar mehrfach unter dem Bild des Weinbergs., / Seine Festen in Trümmer gelegt.
42 Alle, die des Weges zogen, haben ihn geplündert, / Er ist seinen Nachbarn zum Hohn geworden.
43 Seiner Dränger Macht hast du erhöht, / Hast all seine Feinde mit Freude erfüllt.
44 Auch hast du zurückgedrängt sein scharfes Schwert Da die Feinde ihn besiegt haben. / Und ihm im Kriege nicht Sieg verliehn.
45 Du hast seinen Glanz zerstört / Und seinen Thron zu Boden gestürzt.
46 Du hast die Zeit seiner Jugend verkürzt Du hast den König durch das Elend, in das er geraten ist, vor der Zeit alt werden lassen. Dürfen wir hier an Zedekia, den letzten König Judas, denken? Er bestieg im Alter von 21 Jahren den Thron und regierte 11 Jahre. Nach seiner Gefangennahme wurde er auf Nebukadnezars Befehl geblendet und nach Babel gebracht (2. Kön. 24,18; 25,6-7)., / Ihn mit Schande bedeckt. Auch diese Worte passen sehr gut auf Zedekia. Sela.
47 Wie lange, Jahwe, willst du dich verbergen? Etwa für immer? Vgl. Ps. 79,5. / Soll denn dein Grimm wie Feuer brennen?
48 Gedenke, wie kurz mein Leben ist, / Wie vergänglich du schufst alle Menschenkinder!
49 Wer bliebe am Leben und stürbe nicht, / Wer könnte entrinnen des Todes Macht? Sela.
50 Wo sind, Adonái, deine frühern Gnaden Gnadenverheißungen., / Die du David geschworen in deiner Treu?
51 Gedenk, Adonái, deiner Knechte Schmach! / Gedenke, daß ich in meinem Busen / Trage die vielen Völker alle! Der Psalmist klagt im Namen des ganzen Volkes, daß er die Feinde Israels, die an dem Lebensmark des Volkes nagen, gleichsam stets mit sich herumträgt, ohne sich ihrer erwehren zu können.
52 Gedenke, Jahwe, wie deine Feinde gelästert haben, / Wie sie gelästert / Deines Gesalbten Fersen! Der Ausdruck "Fersen" ist dunkel. Weist er vielleicht auf die vergebliche Flucht Zedekias, des letzten Königs von Juda? (2. Kön. 25,4-7.) Wahrscheinlich wurde er wegen dieser Flucht und wegen des schlimmen Loses, das ihn nach seiner Gefangennahme traf, von den Feinden verhöhnt und verspottet. Vielleicht ist Ps. 89 unmittelbar nach der Zerstörung Jerusalems entstanden, als das traurige Schicksal Zedekias noch in frischer Erinnerung war.
53 Gepriesen sei Jahwe in Ewigkeit! / Amen. Amen. V.53 gehört nicht zum 89. Psalm. Er bildet die Lobpreisung, womit das dritte Buch des Psalters schließt (vgl. Ps. 72,20).
1 Ein Lehrgedicht von Etan, dem Esrachiter.
2 Von den Gnadentaten Jahwes will ich ewig singen, / mein Mund soll den Generationen deine Treue verkünden!
3 Ja, ich sage: "Deine Gnade ist auf ewig gebaut, / deine Treue steht fest wie der Himmel!"
4 Ich schloss einen Bund mit meinem Erwählten / und schwor meinem Diener David:
5 "Deinen Nachkommen gebe ich ewigen Bestand; / für immer wird dein Königshaus bestehen!" //
6 Der Himmel preist deine Wunder, Jahwe, / die Versammlung der Engel deine Treue.
7 Wer über den Wolken ist so wie Jahwe, / wer von den Göttern gleicht ihm?
8 Gott ist gefürchtet im himmlischen Rat; / Ehrfurcht packt alle, die rings um ihn sind.
9 Jahwe, allmächtiger Gott, wer ist wie du? / Mächtig bist du, Jahwe, und deine Treue ist rings um dich her.
10 Du beherrschst das Ungestüm des Meeres, / wenn seine Wellen toben, stillst du sie.
11 Du hast Ägypten wie einen Durchbohrten zertreten, / mit starkem Arm hast du deine Feinde zerstreut.
12 Dir gehört der Himmel, / du besitzt auch die Erde. / Du schufst die Welt und alles, was sie erfüllt.
13 Norden und Süden hast du gemacht, / Tabor und Hermon jubeln dir zu.
14 Dein ist der Arm mit gewaltiger Kraft, / dein die siegreich erhobene Hand.
15 Gerechtigkeit und Recht stützen deinen Thron, / Gnade und Wahrheit gehen her vor dir.
16 Wie glücklich ist das Volk, das den Festjubel kennt! / Sie leben im Licht deiner Nähe.
17 In deinem Namen freuen sie sich jeden Tag, / in deiner Gerechtigkeit richten sie sich auf.
18 Denn der Ruhm ihrer Stärke bist du, / und durch deine Gunst vermehrst du unsere Kraft.
19 Denn unser König gehört Jahwe, / unser Schild Israels heiligem Gott.
20 Damals sprachst du in einer Vision, / du sagtest zu denen, die dich lieben: / Einen Helden habe ich zum Helfer gemacht, / einen Erwählten erhöht aus dem Volk.
21 Ich habe meinen Diener David gefunden / und ihn mit heiligem Öl zum König gesalbt.
22 Ich halte ihn immer fest / und stärke ihn durch meine Macht.
23 Kein Feind soll ihn bedrängen, / kein Aufrührer ihn bezwingen.
24 Seine Bedränger zerschlage ich vor ihm, / und die ihn hassen, stoße ich nieder.
25 Meine Treue und Gnade sind ihm sicher, / und durch meinen Namen wächst seine Macht.
26 Ihm unterwerfe ich das Meer / und auch die großen Ströme.
27 Er wird zu mir sagen: "Du bist mein Vater, / du bist mein Rettungsfelsen und mein Gott!"
28 Ich mache ihn zum erstgeborenen Sohn, / zum größten aller Könige der Erde.
29 Meine Gnade will ich ihm ewig bewahren, / ich stehe zu meinem Bund mit ihm.
30 Sein Geschlecht bleibt für immer eingesetzt / und sein Thron, solange der Himmel besteht.
31 Wenn seine Söhne meine Weisung verlassen / und nicht nach meinen Rechten leben,
32 wenn sie meine Gesetze entweihen / und meine Gebote nicht halten,
33 dann bestrafe ich ihr Vergehen mit dem Stock, / ihre Ungerechtigkeit mit Schlägen.
34 Aber meine Gnade entziehe ich ihm nicht, / und meine Treue verleugne ich nicht.
35 Ich werde meinen Bund nicht entweihen, / meine Zusagen ändere ich nicht.
36 Einmal schwor ich bei meiner Heiligkeit: "Ich werde David niemals belügen.
37 Sein Geschlecht soll ewig bestehen. / Sein Thron sei beständig wie die Sonne,
38 er stehe ewig fest wie der Mond. / Denn dieser Zeuge in den Wolken ist treu."//
39 Und doch hast du verstoßen und verworfen; / du wurdest zornig auf deinen Gesalbten,
40 hast den Bund mit deinem Diener widerrufen, / seine Krone in den Schmutz getreten.
41 All seine Mauern hast du eingerissen, / seine Burgen in Trümmer gelegt.
42 Alle, die vorbeikommen, plündern ihn aus. / Den Nachbarn dient er zum Gespött.
43 Seinen Bedrängern gabst du den Sieg, / alle seine Feinde hast du erfreut.
44 Sein Schwert hast du stumpf werden lassen, / ließest ihn im Kampf nicht bestehen.
45 Seinem Glanz hast du ein Ende gemacht, / seinen Thron zu Boden gestürzt.
46 Du hast ihn vorzeitig alt werden lassen, / mit Schimpf und Schande ihn bedeckt. //
47 Wie lange noch, Jahwe, willst du dich ständig verbergen, / lodert dein Zorn noch wie Feuer?
48 Denk doch daran, wie vergänglich ich bin, / zu welcher Nichtigkeit du die Menschen erschufst!
49 Wo ist der Mann, der unsterblich ist, / der sein Leben aus der Macht des Todes befreit? //
50 Herr, wo sind deine früheren Gnadenerweise, / die du David bei deiner Treue geschworen hast?
51 Herr, denk doch daran, wie man deine Diener beschimpft, / wie ich es von den vielen Völkern ertrug,
52 wie deine Feinde höhnten, Jahwe, / wie sie deinen Gesalbten auf Schritt und Tritt verlachten. Gepriesen sei Jahwe für immer! Amen, ja, Amen!