1 Ein Gebet Moses, des Mannes Gottes. Es liegt kein Grund vor, Mose diesen Psalm abzusprechen. Mose scheint ihn am Ende der vierzigjährigen Wüstenwanderung Israels, also kurz vor seinem Tod, gedichtet zu haben. Mose, nun ein Greis im höchsten Lebensalter - er starb 120jährig -, hat fast alle dahinsterben sehen müssen, die mit ihm aus Ägypten ausgezogen waren. Er weiß: Die Ursache all des Elends, von dem Israel betroffen worden ist, ist Gottes Zorn über des Volkes Sünde. Aber er blickt durch die dunklen Wolken, die den Himmel für Israel verhüllen, vertrauensvoll in das helle Morgenlicht einer neuen Gnadenzeit. / Adonái, du bist uns Zuflucht gewesen in allen Geschlechtern.
2 Eh Berge entstanden, / Eh Erd und Weltkreis geschaffen wurden, / Warst du schon da, o Gott Hebräisch: "El" (s. über diesen Gottesnamen den Schluß der Einleitung).; / Ja, von Ewigkeit bist du und bleibst in Ewigkeit.
3 Du wandeltest die Sterblichen in Staub / Und sprachst: "Kehrt wieder Zurück zum Staub der Erde., ihr Menschenkinder!"
4 Denn in deinen Augen sind tausend Jahre / Wie der gestrige Tag, wenn er entschwindet Und der Eindruck seiner Kürze und Nichtigkeit am stärksten ist., / Wie eine Wache in der Nacht. Die noch kürzer sind als der Tag. Die Juden teilten die Nacht in drei Nachtwachen. - Mit V.4 vgl. 2. Petr. 3,8.
5 Du hast sie weggeschwemmt Während der vierzigjährigen Wüstenwanderung. wie Morgenschlaf. Der dem Schläfer schnell vergeht. / Sie glichen dem sprossenden Gras:
6 Am Morgen blüht es und sprosset neu, / Am Abend schneidet man's, und es verdorrt. Die Ursache dieser Nichtigkeit und Flüchtigkeit des menschlichen Lebens ist die Sünde (s. V.7ff.).
7 Denn geschwunden sind wir Mose schließt sich mit ein. Das ganze ältere Geschlecht der Israeliten mußte in der Wüste sterben; auch Mose und Aaron kamen nicht in das Gelobte Land. durch deinen Zorn, / Hinweggeschreckt durch deinen Grimm.
8 Du hast unsre Sünde vor dich gestellt, / Unser heimlich Tun Heimliche sündige Gedanken: Gedanken des Zweifels, des Unglaubens usw., die z.B. zu der Abgötterei mit dem goldenen Kalb führten (2. Mos. 32). in das helle Licht, / Das von deinem Antlitz strahlet.
9 So sind all unsre Tage dahingefahren Während der Wüstenwanderung. durch deinen Zorn, / Unsre Jahre haben wir zugebracht / Wie einen flüchtigen Gedanken. Der ja schnell entschwindet.
10 Unsre Lebenszeit Hier unterbricht Mose, weil er damals schon in rüstiger Kraft ein sehr hohes Lebensalter erreicht hatte (vgl. 5. Mos. 34,7). Er geht deshalb von der ersten Person auf die dritte über: "bei ihnen", d.h. bei seinen Zeitgenossen, die in der Wüste starben (nach Ed. König). - bei ihnen währet sie siebzig Jahr, / Und haben sie starke Lebenskraft, so sind es achtzig Jahr. 70, höchstens 80 Jahre erreichte das Geschlecht, das in der Wüste starb. / Und was sie mit Stolz erfüllte Und worauf sie sich deshalb verließen. Hier ist vielleicht mit Ed. König an den Überfluß von Wachteln und Manna zu denken, der aber vielen wegen ihrer Unmäßigkeit nur zum Unglück wurde (4. Mos. 11,31ff.)., das war nur Mühsal und Unglück. / Denn schnell ist's enteilt Worauf sie stolz waren und sich verließen. - wir flogen! Gleichsam auf den Flügeln der Vergänglichkeit.
11 Doch wer erkennt deines Zornes Gewalt / Und deinen Grimm, indem man dich fürchtet? Genauer: "gemäß der Furcht, die dir gebührt". Die Erkenntnis des göttlichen Zorns soll aus der Ehrfurcht vor Gott hervorgehen.
12 So lehr uns denn unsre Tage zählen Im Rückblick auf die Erfahrungen während der Wüstenwanderung., / Damit wir gewinnen Wörtlich: "einbringen" in die Scheuer als Ernteertrag. ein weises Herz!
13 Wende dich, Jahwe (von deinem Zorn)! / Wie lange noch (soll er währen)? / Erbarme dich deiner Knechte!
14 Füll uns Wörtlich: "Sättige uns." am Morgen "Am Morgen" nach der Nacht der Trübsal. Der Morgen ist also der Anfang einer neuen Gnadenzeit, und sie beginnt, nachdem das frühere, ungehorsame Geschlecht in der Wüste umgekommen ist. mit deiner Gnade, / So wollen wir all unsre Lebenstage / Jubeln und fröhlich sein!
15 Erfreu uns so lange, wie du uns gebeugt, / So viel Jahre wir Unglück geschaut! Gib uns für die 40 Jahre der Trübsal in der Wüste als Ersatz eine Zeit der Erquickung.
16 Deinen Knechten erscheine dein herrliches Tun / Und deine Hoheit ihren Kindern! Laß uns und unsere Kinder in Zukunft bei der Einnahme Kanaans, des Landes der Verheißung, dein herrliches Tun und dein hoheitsvolles Wirken so schauen, wie wir es in den vergangenen Tagen bei dem Auszug aus Ägypten und bei der Errettung am Roten Meer gesehen haben.
17 Jahwes, unsers Gottes, Huld Oder "Freundlichkeit". walte über uns, / Ja, fördre das Werk unsrer Hände!
1 Ein Gebet von Mose, dem Mann Gottes. Herr, du selbst warst unsere Wohnung in jeder Generation.
2 Noch ehe die Berge geboren waren / und du die ganze Welt in Wehen erschufst, / warst du, Gott, da und bist in alle Ewigkeit.
3 Du führst die Menschen zum Staub zurück / und sprichst: "Kehrt wieder, Adamskinder!"
4 Denn tausend Jahre sind für dich / wie der Tag, der gestern verging, / wie eine Wache in der Nacht.
5 Du schwemmst sie hinweg, es ist wie ein Schlaf; / und am Morgen sprießen sie auf wie das Gras.
6 Am Morgen blüht und wächst es auf, / am Abend ist es welk und verdorrt.
7 Durch deinen Zorn vergehen wir, / durch deinen Grimm sind wir bestürzt.
8 Unsere Sünden liegen offen vor dir, / was wir verborgen haben, bringst du ans Licht.
9 Dein Zorn lässt unsere Tage verrinnen, / lässt unsere Jahre wie einen Seufzer vergehn.
10 Unser Leben dauert nur siebzig Jahre, / achtzig, wenn es voll Kraft war. / Und das meiste davon war nur Mühe und Last. / Schnell geht es vorbei, und schon fliegt es davon.
11 Wer kennt denn die Macht deines furchtbaren Zorns, / wer nimmt sich das wirklich zu Herzen?
12 So lehre uns doch, unsere Tage zu zählen, / dass Weisheit in unser Herz einzieht.
13 Kehr zurück, Jahwe! Wie lange noch? / Hab doch Erbarmen mit uns, deinen Sklaven.
14 Mach uns schon am Morgen mit deiner Gnade satt, / dann sind unsere Tage von Freude und Jubel erfüllt.
15 Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast, / so viele Jahre, wie wir das Unglück sahen.
16 Lass an deinen Sklaven sichtbar werden dein Tun, / deine Herrlichkeit an deinen Kindern.
17 Herr, unser Gott, zeig uns deine Freundlichkeit, / lass unsre Arbeit nicht vergeblich sein, / ja, lass gelingen, was wir tun!