1 Eines Tages stand er am Ufer des Sees Genezaret. Das Volk umringte ihn, um Gottes Wort zu hören.
2 Da sah er zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und reinigten ihre Hochseenetze [diktyon] = Hochseenetz. Zur Hochseefischerei, die am besten von zwei Booten gemeinsam vorgenommen wird, erscheinen V.10 vereinigt Petrus und die Söhne des Zebedäus. [amphibleeston] = Wurfnetz, [sageenee] = Schleppnetz. Siehe G. Dalman: Orte und Wege Jesu, 1924, S.144f..
3 Er trat in eins der Boote und bat Simon, dem es gehörte, eine kleine Strecke in den See hinauszurudern. Dann setzte er sich in dem Boot nieder und lehrte von da aus die Leute.
4 Als er seine Rede beendet hatte, sprach er zu Simon: "Fahr mitten in den See und werft dort eure Netze zum Fangen aus!"
5 Simon antwortete ihm: "Meister, wir haben uns die ganze Nacht gemüht und nichts gefangen; doch auf dein Wort will ich die Netze auswerfen."
6 Sie taten es und fingen eine solche Menge Fische, daß ihre Netze reißen wollten.
7 Da winkten sie ihren Genossen im anderen Boot, sie möchten kommen und ihnen helfen. Sie kamen, und nun füllte man beide Boote, so daß sie zu sinken drohten. Als Simon Petrus das sah, fiel er vor Jesus nieder und rief aus:
8 "Herr, gehe weg von mir; ich bin ein sündiger Mensch!"
9 Denn über diesen Fang, den sie gemacht, waren er und alle seine Gefährten verwundert und entsetzt.
10 Ebenso ging es Jakobus und Johannes, des Zebedäus Söhnen, die Simons Gehilfen waren. Doch Jesus sprach zu Simon: "Sei ohne Furcht! Von nun an sollst du Menschen fangen."
11 Da brachten sie ihre Boote ans Land, verließen alles und folgten ihm. Ein andermal weilte Jesus in einer Stadt.
12 Da war ein Mann voller Aussatz. Als der Jesus sah, fiel er vor ihm auf sein Antlitz nieder und bat ihn: "Herr, wenn du willst, so kannst du mich reinigen."
13 Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: "Ich will es, sei gereinigt!" Sofort wich der Aussatz von ihm.
14 Jesus gebot ihm, kein Wort davon zu reden. "Doch", so fügte er hinzu, "geh hin, zeige dich dem Priester und bring für deine Reinigung das Opfer, wie es Mose vorgeschrieben hat, zum Zeugnis für die Leute!"
15 Das Gerücht von ihm verbreitete sich aber immer weiter, und die Leute eilten in großen Scharen herbei, um ihn zu hören und sich von ihren Krankheiten heilen zu lassen.
16 Doch er hielt sich in der Einsamkeit verborgen, um dort zu beten.
17 Als er eines Tages lehrte, waren die Pharisäer und Gesetzeslehrer zugegen, die aus allen Orten Galiläas und Judäas und aus Jerusalem gekommen waren. Des Herrn Kraft war gerade wirksam, daß er Kranke heilte,
18 als einige Männer einen Gelähmten auf einem Tragbett brachten. Den suchten sie in das Haus zu bringen und vor Jesus niederzusetzen.
19 Aber der vielen Menschen wegen war es ihnen unmöglich, ihn hineinzutragen. Deshalb stiegen sie auf das Dach und ließen ihn samt dem Bett durch die Ziegel mitten unter die Leute unmittelbar vor Jesus nieder.
20 Als Jesus ihren Glauben sah, sprach er: "Mensch, deine Sünden sind dir vergeben!"
21 Da begannen die Schriftgelehrten und die Pharisäer bei sich zu denken: "Was ist das für eine Mann? Er lästert ja Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?"
22 Jesus aber durchschaute ihre Gedanken und sprach zu ihnen:
23 "Was denkt ihr da in euern Herzen? Was ist leichter, zu sagen: 'Deine Sünden sind dir vergeben' oder das Wort zu sprechen: 'Steh auf und wandle'?
24 Ihr sollt aber sehen, daß der Menschensohn die Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben." Nun wandte er sich zu dem Gelähmten und sprach: "Ich sage dir: Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause!"
25 Sofort stand er vor ihren Augen auf, nahm sein Bett, worauf er gelegen, und ging Gott preisend in sein Haus zurück.
26 Von Staunen ergriffen, priesen alle Gott und, von heiliger Scheu erfüllt, bekannten sie: "Wir haben heute wunderbare Dinge erlebt!"
27 Dann verließ Jesus das Haus Worin sich das Vorige zugetragen hatte. und sah einen Zöllner namens Levi D.i. Matthäus (Matth. 9,9; Mark. 2,14). vor seinem Zollhaus sitzen. Zu dem sprach er: "Folge mir nach!"
28 Da stand er auf, verließ alles und folgte ihm.
29 Und Levi gab Jesus zu Ehren ein großes Festmahl in seinem Haus. Daran nahmen außer Jesus und seinen Jüngern auch viele Zöllner und andere Gäste teil.
30 Darüber murrten die Pharisäer und die Schriftgelehrten, die ihrer Richtung angehörten, im Gespräch mit seinen Jüngern. "Warum", so fragten sie, "eßt und trinkt ihr denn mit solchen Zöllnern und Sündern?"
31 Jesus antwortete ihnen: "Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.
32 Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zur Sinnesänderung zu rufen, sondern Sünder."
33 Weiter sprachen sie Die Pharisäer und die Schriftgelehrten in V.30. zu ihm: "Die Jünger des Johannes fasten so oft und beten, und ebenso die Jünger der Pharisäer; doch deine Jünger essen und trinken (ganz unbedenklich Ohne sich um besondere Fast- und Bettage zu kümmern.)."
34 Jesus sprach zu ihnen: "Könnt ihr denn die Hochzeitsgäste zum Fasten nötigen, solange der Bräutigam bei ihnen ist?
35 Aber es kommt die Zeit dafür: wenn ihnen der Bräutigam entrissen ist, dann werden sie fasten."
36 Er sagte ihnen auch ein Gleichnis: "Niemand schneidet einen Flicken von einem neue Kleid und setzt ihn auf ein altes. Sonst zerreißt er das neue Kleid, und zu dem alten paßt der Flicken vom neuen nicht.
37 Es gießt auch niemand neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche: dann fließt er aus, und die Schläuche sind verloren.
38 Man muß vielmehr neuen Wein in neue Schläuche gießen.
39 Und niemand, der alten Wein getrunken hat, mag neuen. Denn er sagt: der alte ist besser V.39 wird von verschiedenen Zeugen weggelassen. Sein Sinn scheint zu sein: Die am Alten (am Judentum und seinen Gebräuchen) Hängenden finden keinen Geschmack an dem Neuen, das Jesus bringt. Ihnen sind die alten gewohnten Formen und Satzungen viel bequemer.."