1 Wie {Im vierten Liede folgen die einzelnen, zweizeiligen Strophen, wie im 1. und 2., der alphabetischen Ordnung} ward verdunkelt das Gold, verändert das gute, feine Gold! wie wurden verschüttet {Eig. Wie wird verdunkelt... wie werden verschüttet} die Steine des Heiligtums an allen Straßenecken!
2 Die Kinder Zions, die kostbaren, die mit gediegenem Golde aufgewogenen, wie sind sie irdenen Krügen gleichgeachtet, dem Werke von Töpferhänden!
3 Selbst Schakale reichen die Brust, säugen ihre Jungen; die Tochter meines Volkes ist grausam geworden wie die Strauße in der Wüste.
4 Die Zunge des Säuglings klebt vor Durst an seinem Gaumen; die Kinder fordern Brot, niemand bricht es ihnen.
5 Die von Leckerbissen aßen, verschmachten auf den Straßen; die auf Karmesin getragen wurden, liegen auf {Eig. umarmen; wie Hiob 24,8} Misthaufen.
6 Und die Schuld der Tochter meines Volkes ist größer geworden als die Sünde Sodoms, welches plötzlich umgekehrt wurde, ohne daß Hände dabei tätig waren.
7 Ihre Fürsten {O. Nasiräer} waren reiner als Schnee, weißer als Milch; röter waren sie am Leibe als Korallen, wie Saphir ihre Gestalt.
8 Dunkler als Schwärze ist ihr Aussehen, man erkennt sie nicht auf den Straßen; ihre Haut klebt an ihrem Gebein, ist dürr geworden wie Holz.
9 Die vom Schwert Erschlagenen sind glücklicher als die vom Hunger Getöteten {Eig. Erschlagenen} , welche hinschmachten, durchbohrt vom Mangel an Früchten des Feldes.
10 Die Hände barmherziger Weiber haben ihre Kinder gekocht; sie wurden ihnen zur Speise bei der Zertrümmerung der Tochter meines Volkes.
11 Jehova hat seinen Grimm vollendet, seine Zornglut ausgegossen; und er hat in Zion ein Feuer angezündet, das seine Grundfesten verzehrt hat.
12 Die Könige der Erde hätten es nicht geglaubt, noch alle Bewohner des Erdkreises, daß Bedränger und Feind in die Tore Jerusalems kommen würden.
13 Es ist wegen der Sünden seiner Propheten, der Missetaten seiner Priester, welche in seiner Mitte das Blut der Gerechten vergossen haben.
14 Sie irrten blind auf den Straßen umher; sie waren mit Blut befleckt, so daß man ihre Kleider nicht anrühren mochte.
15 "Weichet! Unrein!" rief man ihnen zu; "Weichet, weichet, rühret nicht an!" Wenn sie flüchteten, so irrten sie umher {Vergl. 5. Mose 28,65}; man sagte unter den Nationen: Sie sollen nicht länger bei uns weilen!
16 Jehovas Angesicht hat sie zerstreut, er schaut sie nicht mehr an. Auf die Priester hat man keine Rücksicht genommen, an Greisen nicht Gnade geübt.
17 Noch schmachten unsere Augen nach unserer nichtigen Hülfe; in unserem Warten warten wir auf ein {Eig. in unserem Ausschauen schauen wir aus nach einem} Volk, das nicht retten wird.
18 Sie stellen unseren Schritten nach, daß wir auf unseren Straßen nicht gehen können. Unser Ende ist nahe, voll sind unsere Tage; ja, unser Ende ist gekommen.
19 Unsere Verfolger waren schneller als die Adler des Himmels; sie jagten uns nach auf den Bergen, in der Wüste lauerten sie auf uns.
20 Unser Lebensodem {W. Der Hauch unserer Nasen} , der Gesalbte Jehovas, wurde in ihren Gruben gefangen, von welchem wir sagten: In seinem Schatten werden wir leben unter den Nationen.
21 Sei fröhlich und freue dich, Tochter Edom, Bewohnerin des Landes Uz {S. die Anm. zu Hiob 1,1} ! Auch an dich wird der Becher kommen; du wirst trunken werden und dich entblößen.
22 Zu Ende ist deine Schuld, Tochter Zion! Er wird dich nicht mehr wegführen. er wird deine Missetat heimsuchen, Tochter Edom, er wird deine Sünden aufdecken.
1 Wie ist das Gold verdunkelt, das feinste Gold verändert! da liegen gestreut die heiligen Steine an aller Straßen Ecken!
2 Zions Söhne, die Edlen, sonst gediegenem Golde gleichgeschätzt, ach! jetzt sind sie wie irdenes Geschirr, geachtet, wie ein Werk von des Töpfers Händen.
3 Sogar die wilden Thiere reichen ihre Brüste her, und säugen ihre Jungen, die Tochter meines Volkes aber ist hartherzig geworden gleich den Straußen in der Wüste.
4 Des Säuglings Zunge klebt vor Durst an seinem Gaumen; die Kinder schreien nach Brod; aber Niemand bricht es ihnen.
5 Die sonst nur Leckerbissen aßen, verschmachten auf den Straßen; die sonst auf Purpur getragen wurden, umschlingen den Koth.
6 Fürwahr! noch größer ist die Sündenstrafe der Tochter meines Volkes, als Sodoms Schuldbestrafung war, das unterging in einem Augenblick, ohne daß Hände dabei müde wurden.
7 Reiner als Schnee waren ihre Fürsten, weißer waren sie als Milch; sie waren röther als Korallen, wie Sapphir war ihre Gestalt.
8 Dunkler als Schwärze ist jetzt ihr Antlitz; man kennt sie nicht mehr auf den Straßen; fest hängt an ihren Gebeinen ihre Haut, sie ist dürre wie Holz.
9 Glücklicher sind die vom Schwert Erschlagenen, als die vom Hunger Getödteten, die hinscheiden vor des Feldes Frucht durchbohrt!
10 Die Hände zärtlicher Mütter müssen ihre Kinder kochen; zur Speise sind sie ihnen bei der Noth der Tochter meines Volkes!
11 Zur Vollendung hat Jehova seinen Grimm gebracht, aufgeschüttet seines Zornes Gluth; er hat in Zion ein Feuer angezündet, das ihre Grundfesten verzehret.
12 Nie glaubten es der Erden Könige, und des Erdkreises Bewohner alle; daß in Jerusalems Thore eindringen könnte ein Gegner und ein Feind.
13 Um der Sünden ihrer Propheten, und der Laster ihrer Priester willen (ist es geschehen), die in ihrer Mitte der Gerechten Blut vergossen.
14 Sie streiften wie Blinde auf den Straßen herum, befleckten sich mit Blut; daß man nicht berühren konnte ihr Gewand.
15 "Kehrt zurück, Unreine!" rief man ihnen zu; "kehrt zurück, zurück, rührt nicht an!" Sie fliehen und streifen umher; selbst unter den fremden Völkern sagt man: "Sie dürfen sich nicht länger (bei uns) aufhalten."
16 Jehova's Blick zerstreuet sie, sieht sich nicht mehr nach ihnen um; weil sie nicht achteten die Priester, kein Mitleid hatten für die Greise.
17 Noch schmachten unsere Augen nach unserer Hülfe, doch vergeblich! Auf unsern Warten starren wir nach einem Volke, das nicht helfen kann!
18 Sie legen Schlingen unsern Schritten, daß wir nicht auf unsern Straßen gehen können. Ach, unser Ende ist nahe! Voll sind unsere Tage! Unser Ende ist gekommen!
19 Schneller sind, die uns verfolgen, als die Adler in den Lüften; sie jagen uns auf den Bergen nach, sie lauern uns in der Wüste auf.
20 Auch unser Lebenshauch, Jehova's Gesalbter, ward gefangen in ihren Gruben, unter dessen Schatten wir glücklich zu leben glaubten unter den Völkern.
21 Freue dich nur und frohlocke, Tochter Edoms, die du wohnest im Thale Uz! auch an dich wird der Becher kommen; trunken wirst du werden, und dich entblößet zeigen.
22 Getilgt ist deine Schuld, o du Tochter Zions! nicht mehr wird er dich in's Elend führen. Deine Schuld, du Tochter Edoms! aber wird er strafen, und dich entblößen ob deiner Missethaten.