1 Paulus hatte nach eigenem Gutdünken den Entschluss gefasst, nach Jerusalem zu gehen. Darum gab ihm der Geist die Weisung, nach Kleinasien zurückzukehren. So durchwanderte er denn das Binnenland und gelangte nach Ephesus. Dort traf er einige Gläubige, an die er die Frage richtete:
2 "Habt ihr nach Annahme des Glaubens einen heiligen Geist empfangen?" Sie gaben ihm zur Antwort: "Wir haben noch nichts davon gehört, dass jemand einen heiligen Geist empfangen hat." -
3 "Worauf seid ihr denn getauft worden?" - fragte er weiter. Sie erwiderten: "Auf diese Weise, wie Johannes taufte."
4 Paulus entgegnete: "Johannes spendete die Taufe nur als äußeres Zeichen der Sinnesänderung. Er belehrte jedoch gleichzeitig das Volk, an den zu glauben, der nach ihm kommen werde, nämlich an Jesus, den Messias."
5 Als sie das hörten, ließen sie sich auf den Namen des Herrn Jesus, des Messias, taufen, zur Vergebung der Sünden des Abfalls.
6 Dann legte ihnen Paulus die Hände auf, und sofort kam ein heiliger Geist auf sie herab. Sie redeten in fremden Sprachen, und es erfolgten auch Kundgebungen in ihrer Muttersprache.
7 Es waren im ganzen etwa zwölf Männer.
8 Paulus besuchte die Synagoge und trat darin etwa ein Vierteljahr mit großer Kraft öffentlich auf. Er gab religiöse Unterweisungen und suchte seinen Zuhörern die richtige Lehre über das Reich Gottes beizubringen.
9 Manche von ihnen ließen sich jedoch in ihrer Verstocktheit nicht überzeugen, sondern suchten die neue Lehre vor der versammelten Gemeinde in den Schmutz zu ziehen. Darum trennte sich Paulus von diesen und sonderte auch die Gläubigen von ihnen ab und hielt täglich von elf Uhr vormittags bis vier Uhr nachmittags religiösen Unterricht in dem Saal eines gewissen Tyrannus.
10 Er tat dies zwei Jahre lang, bis alle Bewohner der Provinz Asien, Juden sowohl wie Griechen, das Wort des Herrn gehört hatten.
11 Auch ließ Gott durch die Hand des Paulus ganz außergewöhnliche Kräfte wirksam werden;
12 so genügte es zum Beispiel, dass man Dinge, die mit seinem Körper bloß in Berührung gekommen waren, wie Schweißtücher und Arbeitsschürzen, auf die Kranken legte, und die Krankheiten wichen, und die bösen Geister fuhren von ihnen aus.
13 Auch einige von den umherziehenden jüdischen Geisterbeschwörern wagten es, über Personen, die von bösen Geistern besessen waren, den Namen des Herrn Jesus auszusprechen, indem sie zu sagen pflegten:
14 "Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus predigt!" Unter ihnen befanden sich auch sieben Söhne eines gewissen Oberpriesters Skeuas, die das Gleiche tun wollten. Sie traten nun ihrer Gewohnheit gemäß an einen Besessenen heran und begannen den Namen Jesu anzurufen, indem sie sagten: "Wir beschwören dich im Namen des Jesus, den Paulus predigt, von diesem Menschen auszufahren."
15 Da gab ihnen der böse Geist zur Antwort: "Den Jesus kenne ich, und auch der Paulus ist mir bekannt. Ihr aber wer seid ihr?"
16 Dann stürzte sich der Besessene auf sie, überwältigte zwei von ihnen und riss ihnen die Kleider vom Leibe, so dass sie nackt und mit Wunden bedeckt aus jenem Hause entflohen.
17 Von diesem Vorfall hörten alle Juden und Griechen, die in Ephesus wohnten, und eine große Furcht befiel sie. Aber der Name des Herrn Jesus erlangte dadurch von Tag zu Tag immer größeres Ansehen.
18 Viele von denen, die den Glauben annahmen, kamen und bekannten öffentlich ihr früheres Treiben;
19 und manche von denen, die sich mit Zauberei abgegeben hatten, brachten ihre Zauberbücher herbei und verbrannten sie vor allem Volke. Als man die Preise zusammenrechnete, die sie für diese Bücher bezahlt hatten, ergab sich ein Betrag von ungefähr fünfzigtausend Mark.
20 So breitete sich der Glaube an Gott mit aller Kraft aus, drang unaufhaltsam weiter und entwickelte sich zu immer größerer Festigkeit.
21 Da entschloss sich Paulus unter Antrieb eines Geistes Gottes, Mazedonien und Griechenland zu durchwandern und sich dann nach Jerusalem zu begeben. Er pflegte zu sagen: "Sobald ich dort war, muss ich auch Rom sehen."
22 Er schickte zwei von seinen Gehilfen, nämlich Timotheus und Erastus, nach Mazedonien, während er selbst noch eine kurze Zeit in Kleinasien blieb.
23 Um diese Zeit kam es in Ephesus wegen der neuen Lehre zu großen Unruhen.
24 Ein Silberschmied namens Demetrius verfertigte nämlich silberne Tempelchen der Artemis und gab den Handwerkern dadurch viel zu verdienen.
25 Er rief nun die Handwerker zusammen und hielt ihnen folgende Ansprache: "Ihr Handwerksleute! Ihr wisst, dass wir unsern Wohlstand diesem unsern Handwerk verdanken.
26 Nun seht und hört ihr aber selbst, wie dieser Paulus nicht nur in Ephesus, sondern in fast ganz Asien die Leute betört hat, indem er ihnen vorredet, das seien keine Götter, die von Menschenhänden gemacht würden.
27 Aber nicht nur dieses Gewerbe droht dadurch in üblen Ruf zu kommen, sondern auch der Tempel der großen Göttin Artemis ist in Gefahr, der vollständigen Missachtung anheim zu fallen. So wird sie auch des hohen Ruhmes verlustig gehen, den sie bis jetzt in ganz Asien und in aller Welt genießt."
28 Bei diesen Worten gerieten sie in große Wut, rannten auf die Straße und riefen unter wildem Geschrei: "Hochlebe die Artemis zu Ephesus!"
29 Bald war die ganze Stadt voll von dem Gerücht, dass der Artemis eine große Schmach angetan worden sei. Alles stürmte wie ein Mann ins Theater. Dorthin schleppten sie die Mazedonier Gajus und Aristarchus, welche Reisegefährten des Paulus waren.
30 Paulus wollte nun unter die Volksmenge gehen;
31 aber die Gläubigen hinderten ihn daran. Auch einige von den obersten Beamten der Provinz Asien, die gute Freunde von ihm waren, ließen ihn durch Boten dringend bitten, ja nicht ins Theater zu gehen.
32 Dort schrie nun alles durcheinander. Denn in der Versammlung herrschte die tollste Verwirrung. Die meisten wussten überhaupt nicht, weshalb man zusammengekommen war.
33 Da veranlasste man aus der Mitte der Versammlung heraus den Alexander, den die Juden vorgeschoben hatten, die Bühne zu besteigen, um eine Ansprache zu halten. Alexander erhob die Hand zum Zeichen, dass er zum Volke reden wolle.
34 Als die Menge jedoch sah, dass er ein Jude war, schrie alles wie aus einem Munde etwa zwei Stunden lang:
35 "Hochlebe die Artemis von Ephesus!" Endlich gab der Stadtschreiber der Volksmenge ein Zeichen und ergriff das Wort: "Ihr Männer von Ephesus!" - begann er - "Wo gibt es denn in der ganzen Welt einen Menschen, der nicht wüsste, dass unsere Stadt die Hüterin des Tempels der großen Artemis und ihres vom Himmel gefallenen Bildes ist?
36 Diese Tatsache wird daher auch niemand bestreiten. Ihr sollt euch also ruhig verhalten und nichts Übereiltes tun.
37 Ihr habt diese Männer hierher gebracht, obschon sie weder Tempelräuber sind, noch unsere Göttin lästern.
38 Wenn jedoch Demetrius und seine Zunftgenossen irgendeinen Grund zur Klage gegen sie zu haben glauben, so werden ja für solche Angelegenheiten Gerichtstage abgehalten; auch gibt es Statthalter, die dafür da sind. Vor diesen mögen die streitenden Parteien ihre Sache ausfechten.
39 Habt ihr aber über andere Dinge Klage zu führen, so ist nach dem Gesetz nur die ordnungsmäßig einberufene Volksversammlung dafür zuständig.
40 Wir laufen Gefahr, dass wegen der heutigen Vorkommnisse eine Anklage wegen Aufruhrs gegen uns erhoben wird; denn es liegt kein Grund vor, womit wir diesen Volksauflauf rechtfertigen könnten." Nach diesen Worten löste er die Versammlung auf.