1 Und Naemi, ihre Schwieger, sprach zu ihr: Meine Tochter, ich will dir Ruhe schaffen, daß dir‘s wohlgehe.
2 Nun, der Boas, unser Freund, bei des Dirnen du gewesen bist, worfelt diese Nacht Gerste auf seiner Tenne.
3 So bade dich und salbe dich und lege dein Kleid an und gehe hinab auf die Tenne, daß dich niemand kenne, bis man ganz gegessen und getrunken hat.
4 Wenn er sich dann leget, so merke den Ort, da er sich hinlegt; und komm und decke auf zu seinen Füßen und lege dich, so wird er dir wohl sagen, was du tun sollst.
5 Sie sprach zu ihr: Alles was du mir sagest, will ich tun.
6 Sie ging hinab zur Tenne und tat alles, wie ihre Schwieger geboten hatte.
7 Und da Boas gegessen und getrunken hatte, ward sein Herz guter Dinge; und kam und legte sich hinter eine Mandel. Und sie kam leise und deckte auf zu seinen Füßen und legte sich.
8 Da es nun Mitternacht ward, erschrak der Mann und erschütterte; und siehe, ein Weib lag zu seinen Füßen.
9 Und er sprach: Wer bist du? Sie antwortete: Ich bin Ruth, deine Magd. Breite deinen Flügel über deine Magd, denn du bist der Erbe.
10 Er aber sprach: Gesegnet seiest du dem HErrn, meine Tochter! Du hast eine bessere Barmherzigkeit hernach getan denn vorhin, daß du nicht bist den Jünglingen nachgegangen, weder reich noch arm.
11 Nun, meine Tochter, fürchte dich nicht! Alles, was du sagst, will ich dir tun; denn die ganze Stadt meines Volks weiß, daß du ein tugendsam Weib bist.
12 Nun, es ist wahr, daß ich der Erbe bin; aber es ist einer näher denn ich.
13 Bleib über Nacht. Morgen, so er dich nimmt, wohl; gelüstet‘s ihn aber nicht, dich zu nehmen, so will ich dich nehmen, so wahr der HErr lebt. Schlaf bis morgen.
14 Und sie schlief bis morgen zu seinen Füßen. Und sie stund auf, ehe denn einer den andern, kennen mochte; und er gedachte, daß nur niemand inne werde, daß ein Weib in die Tenne kommen sei!
15 Und sprach: Lange her den Mantel, den du anhast, und halt ihn zu. Und sie hielt ihn zu. Und er maß sechs Maß Gerste und legte es auf sie. Und er kam in die Stadt.
16 Sie aber kam zu ihrer Schwieger, die sprach: Wie steht es mit dir, meine Tochter? Und sie sagte ihr alles, was ihr der Mann getan hatte,
17 und sprach: Diese sechs Maß Gerste gab er mir, denn er sprach: Du sollst nicht leer zu deiner Schwieger kommen.
18 Sie aber sprach: Sei stille, meine Tochter, bis du erfährest, wo es hinaus will; denn der Mann wird nicht ruhen, er bringe es denn heute zu Ende.
1 Ihre Schwiegermutter Noëmi sprach zu ihr: "Meine Tochter, soll ich dir nicht ein ruhiges Heim suchen, wo es dir gut geht?
2 Und nun: Ist nicht Boas unser Verwandter, mit dessen Mägden du beisammen warst? Nun worfelt er in dieser Nacht auf der Gerstentenne!
3 Wasche und salbe dich und lege deine schönsten Gewänder an; dann gehe hinab zur Tenne! Gib dich aber dem Mann nicht zu erkennen, bis er mit dem Essen und Trinken fertig ist!
4 Wenn er sich dann aber hinlegt, so merke dir den Ort, wo er schläft; komm herzu, decke den Platz zu seinen Füßen auf und lege dich dort hin; dann wird er dir sagen, was du tun sollst."
5 Sie entgegnete ihr: "Alles, was du sagst, werde ich tun!"
6 Dann ging sie zur Tenne hinunter und tat ganz so, wie ihre Schwiegermutter ihr aufgetragen hatte.
7 Als Boas gegessen und getrunken hatte und guter Dinge war, kam er, um sich am Rand des Getreidehaufens niederzulegen. Sie näherte sich heimlich, deckte den Platz zu seinen Füßen auf und legte sich hin.
8 Um Mitternacht fuhr der Mann erschreckt auf, beugte sich vor, und siehe, eine Frau lag am Platz zu seinen Füßen.
9 Er sprach: "Wer bist du?" Sie entgegnete: "Ich bin Rut, deine Magd! Spanne den Saum deines Gewandes über deine Magd aus; denn Löser bist du!"
10 Er entgegnete: "Gesegnet seist du vom Herrn, meine Tochter! In noch schönerem Lichte zeigst du jetzt deine Liebe als früher, indem du nicht den jungen Männern, ob arm oder reich, nachläufst.
11 Und nun, meine Tochter, fürchte dich nicht! Alles, was du sagst, will ich dir tun; denn alle Leute innerhalb des Stadttores wissen, daß du eine wackere Frau bist!
12 Nun, es ist ja nur zu wahr, daß ich lösepflichtig bin; allein es ist noch ein näherer Verwandter als ich da, der ebenfalls lösepflichtig ist.
13 Bleibe in dieser Nacht hier liegen; wenn er dich dann am Morgen lösen will, gut, so mag er es tun! Hat er aber keine Lust, dich zu lösen, dann werde ich, so wahr der Herr lebt, dich lösen; schlafe ruhig bis zum Morgen!"
14 So schlief sie an seinem Fußende bis zum Morgen; doch stand sie bereits auf, noch bevor einer den anderen sehen konnte. Er hatte nämlich gesagt: "Es braucht nicht bekannt zu werden, daß die Frau auf die Tenne gekommen ist!"
15 Dann sprach er: "Gib dein Umschlagtuch her und halte es auf!" Sie tat es, und er maß sechs Maß Gerste hinein und lud sie ihr auf. So kam sie zur Stadt.
16 Sie kam nun zu ihrer Schwiegermutter. Diese fragte sie: "Wie steht es mit dir, meine Tochter?" Da erzählte sie ihr alles, was der Mann an ihr Gutes getan hatte.
17 Sie sagte: "Diese sechs Maß Gerste hat er mir geschenkt; "denn", so meinte er, "du sollst nicht mit leeren Händen zu deiner Schwiegermutter kommen!""
18 Sie sprach darauf: "Warte ab, meine Tochter, bis du erfährst, wie die Sache verläuft. Jedenfalls wird der Mann nicht eher ruhen, bis er heute noch die Angelegenheit erledigt hat."