1 Nun aber hat der Herr sein Wort wahr gemacht, das er wieder uns und unsere Richter, die Israel gerichtet haben, und wider unsere Könige und Obersten und wider die Leute von Israel und Juda ausgesprochen hatte,
2 daß er über uns großes Unheil kommen lassen wolle, wie solches noch nie unter dem ganzen Himmel geschehen sei, aber zu Jerusalem geschehen ist, wie es ja auch im Gesetz Mose’s geschrieben steht (5.Mose 28,53; 3.Mose 26,29),
3 daß wir essen sollten ein jeglicher seines Sohnes Fleisch und ein jeglicher seiner Tochter Fleisch.
4 Und er gab sie in die Gewalt aller dieser Königreiche rings um uns her, zu einem Gegenstand der Schmach und des Abscheus unter allen Völkern im Umkreis, wohin der Herr sie zerstreute.
5 So ging es denn mit ihnen abwärts und nicht aufwärts, weil wir gesündigt hatten wider den Herrn, unsern Gott, indem wir auf seine Stimme nicht hörten.
6 Beim Herrn, unserm Gott, ist Gerechtigkeit; uns aber und unsern Vätern bedeckt heute die Schamröte das Angesicht.
7 Was der Herr uns angedroht hat, all dieses Unheil ist über uns gekommen;
8 und dennoch haben wir uns nicht an den Herrn mit der Bitte gewandt, er möge einen jeden von den Anschlägen seines bösen Herzens bekehren.
9 Und so war denn der Herr auf das Unheil bedacht und hat es über uns kommen lassen; denn gerecht ist der Herr in all seinem Tun, das er uns anbefohlen hat.
10 Doch wir haben nicht auf seine Stimme gehört, daß wir wandelten nach des Herrn Geboten, die er uns vorgelegt hat.
11 Und nun, Herr, Gott Israels, der du dein Volk aus Ägyptenland herausgeführt hast mit starker Hand und unter Zeichen und Wundern und mit großer Kraft und erhobenem Arm und dir dadurch einen Namen bis auf den heutigen Tag gemacht hast:
12 wir haben gesündigt, sind gottlos gewesen und haben Unrecht getan, Herr, unser Gott, in bezug auf alle deine gerechten Forderungen.
13 Es wende doch dein Zorn sich von uns ab! denn nur wenige sind von uns übriggeblieben unter den Völkern, wohin du uns zerstreut hast.
14 Erhöre, Herr, unser Gebet und unser Flehen, errette uns um deinetwillen und laß uns Gnaden finden bei denen, die uns weggeführt haben,
15 auf daß die ganze Erde erkenne, daß du der Herr, unser Gott, bist und daß Israel und sein Geschlecht nach deinem Namen benannt worden ist.
16 Herr, blicke herab aus deiner heiligen Wohnung und richte auf uns dein Augenmerk! neige, Herr, dein Ohr und höre!
17 Tue auf, o Herr, deine Augen und sieh! denn nicht die Gestorbenen in der Unterwelt, deren Geist aus ihrem Leibe entschwunden ist, werden dem Herrn die gebührende Ehre darbringen,
18 sondern die tiefbetrübte Seele und was da gebückt und in Schwachheit einhergeht, und die verschmachtenden Augen und die hungernde Seele: – die werden dir die gebührende Ehre darbringen, o Herr.
19 Denn nicht wegen des Rechttuns unserer Väter und unserer Könige schütten wir unser Flehen hin vor dein Angesicht, Herr, unser Gott;
20 denn du hast deinen Grimm und Zorn wider uns losgelassen, wie du es angedroht hattest durch deine Knechte, die Propheten, mit den Worten:
21 »So spricht der Herr: Beugt euren Rücken, dem Könige von Babylon zu gehorchen, so werdet ihr wohnen bleiben in dem Lande, das ich euren Vätern gegeben habe!
22 Wenn ihr aber nicht hören wollt auf die Stimme des Herrn, daß ihr dienet dem Könige von Babylon,
23 so werde ich aufhören machen in den Städten Juda’s und in Jerusalem die Stimme der Freude und der Lust, die Stimme des Bräutigams und der Braut, und das ganze Land soll zur Wüstenei werden ohne Bewohner!«
24 Aber wir haben deiner Weisung, dem Könige von Babylon zu dienen, nicht gehorcht; darum hast du deine Drohung wahr gemacht, die du durch deine Knechte, die Propheten, ausgesprochen hattest, daß unserer Könige und unserer Väter Gebeine herausgeholt werden sollten aus ihrer Grabstätte.
25 Und fürwahr, sie sind hingeworfen und preisgegeben worden der Hitze des Tages und dem Frost der Nacht; und (jene) sind in schweren Mühsalen umgekommen durch Hunger und Schwert und Verbannung.
26 Und das Haus, wo dein Name angerufen wurde, hast du zu dem gemacht, was es heute ist, wegen der Bosheit des Hauses Israel und des Hauses Juda.
27 An uns aber, Herr, unser Gott, hast du gehandelt nach deiner ganzen Milde und nach all deiner großen Barmherzigkeit,
28 wie du es verheißen hast durch deinen Knecht Mose an dem Tag, da du ihm vor den Kindern Israel gebotest, dein Gesetz aufzuschreiben, indem du sprachst:
29 »Wenn ihr nicht auf meine Stimme hört, so wird fürwahr diese große, zahlreiche Volksmenge zu einem kleinen Häuflein werden unter den Heiden, wohin ich sie zerstreuen werde.
30 Denn ich weiß, daß sie auf mich nicht hören werden; denn es ist ein halsstarriges Volk. Doch im Lande ihrer Verbannung werden sie sich bekehren in ihrem Herzen
31 und werden erkennen, daß ich der Herr, ihr Gott, bin, und dann werde ich ihnen ein Herz geben und Ohren, willig zu hören,
32 und sie werden mich loben im Lande ihrer Verbannung und meines Namens gedenken
33 und sich bekehren von ihrer Halsstarrigkeit und von ihren bösen Taten; denn sie werden daran gedenken, wie es ihren Vätern ergangen ist, die vor dem Herrn sündigten.
34 Und dann will ich sie zurückbringen in das Land, das ich ihren Vätern, dem Abraham, Isaak und Jakob, zugeschworen habe, und sie sollen es als Herren besitzen; und ich will sie mehren, und sie sollen nicht mehr vermindert werden.
35 Und ich will einen ewigen Bund mit ihnen schließen, daß ich ihr Gott sei und sie mein Volk, und ich will mein Volk Israel nie wieder vertreiben aus dem Lande, das ich ihnen gegeben habe«.
1 So hat denn der Herr sein Wort erfüllt, das er wider uns und unsere Herrscher, die Israel regierten, wider unsere Könige und unsere Fürsten und wider die Bewohner von Israel und Juda, gesprochen hatte:
2 Er werde schweres Unheil über uns verhängen, so daß unter dem ganzen Himmel noch nie solches geschehen ist, wie es in Jerusalem geschah, gemäß dem Schriftwort im Gesetz des Moses,
3 daß ein jeder von uns das Fleisch seines eigenen Sohnes und das Fleisch seiner eigenen Tochter verzehren werde.
4 Er gab sie in die Gewalt aller Reiche um uns her und machte sie zum Hohn und Entsetzen bei allen Völkern im Umkreis, unter die sie der Herr zerstreut hat.
5 So wurden sie Unterjochte statt Herrschende; denn wir haben wider den Herrn, unseren Gott, gesündigt und nicht auf seine Stimme gehört.
6 Der Herr, unser Gott, ist im Recht! Uns aber und unseren Vätern treibt es heute die Schamröte ins Antlitz;
7 denn was der Herr wider uns gesprochen hat, all dies Unheil ist über uns gekommen.
8 Wir aber haben den Herrn nicht besänftigt dadurch, daß sich ein jeder von uns vom Trachten seines bösen Herzens abgewandt hätte.
9 Doch der Herr war auf das Unheil bedacht und brachte es über uns; denn gerecht ist der Herr in all seinen Fügungen, die er über uns verhängt hat.
10 Wir aber hörten nicht auf seine Stimme, nach den Geboten unseres Herrn zu wandeln, die er uns vorgelegt hat.
11 Und nun, o Herr, Gott Israels! Du hast dein Volk mit starker Hand, unter Zeichen und Wundern, mit großer Macht und erhobenem Arm aus dem Land Ägypten geführt und dir dadurch bis zum heutigen Tag Ruhm erworben.
12 Wir haben gesündigt, frevelhaft und unrecht gehandelt. Herr, unser Gott, ob all deiner gerechten Gerichte
13 möge dein Zorn sich von uns wenden; denn von uns sind nur noch wenige übriggeblieben unter den Völkern, wohin du uns zerstreut hast.
14 Erhöre, Herr, unser Gebet und unser Flehen, und rette uns um deiner selbst willen! Laß uns Gnade finden bei denen, die uns von der Heimat weggeführt haben!
15 So soll die ganze Welt erkennen, daß du der Herr, unser Gott, bist, weil ja Israel und sein Stamm deinen Namen tragen.
16 Herr, von deiner heiligen Wohnung schaue herab und merke auf uns! Neige, Herr, dein Ohr und höre!
17 Öffne, Herr, deine Augen und sieh! Denn nicht die Toten in der Unterwelt, denen der Lebensodem aus dem Innern genommen ist, preisen die Ehre und Gerechtigkeit des Herrn.
18 Vielmehr der lebende Mensch in seinem elenden Zustand, der gebeugt und schwach einhergeht, die matten Augen und die verschmachtende Seele preisen deine Ehre und Gerechtigkeit, o Herr!
19 Denn nicht im Vertrauen auf die Verdienste unserer Väter und unserer Könige legen wir dir unsere flehentlichen Bitten vor, Herr, unser Gott.
20 Du hast ja deinen Zorn und Grimm uns auferlegt, wie du durch deine Knechte, die Propheten, verkündet hast:
21 So spricht der Herr: "Beugt euren Nacken und seid dem König von Babylon untertan; dann bleibt ihr in dem Lande wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe.
22 Wenn ihr jedoch auf die Stimme des Herrn nicht hört, dem König von Babylon untertan zu sein,
23 dann werde ich aus den Städten Judas und von den Straßen Jerusalems Jubelruf und Freudenschall, Rufen des Bräutigams und Rufen der Braut verschwinden lassen, und das ganze Land wird zur menschenleeren Wüste werden."
24 Doch wir haben auf deine Stimme nicht gehört, dem König von Babylon untertan zu sein. Da erfülltest du deine Worte, die du durch deine Knechte, die Propheten, verkündet hast, daß nämlich die Gebeine unserer Könige und die Gebeine unserer Väter aus ihrer Grabstätte herausgeworfen werden.
25 Und wirklich liegen sie hingeworfen (und ausgesetzt) der Hitze des Tages und der Kälte der Nacht. Auch waren sie unter schrecklichen Qualen durch Hunger, Schwert und Pest dahingerafft worden.
26 Sogar das Haus, das deinen Namen trägt, hast du in den Zustand versetzt, in dem es sich heute befindet, wegen der Bosheit des Hauses Israel und des Hauses Juda.
27 Doch hast du, o Herr, unser Gott, nach all deiner Güte und all deiner großen Erbarmung an uns gehandelt,
28 so wie du schon durch deinen Knecht Moses gesprochen hast, als du ihm den Auftrag gabst, dein Gesetz vor den Söhnen Israels niederzuschreiben mit den Worten:
29 "Wenn ihr nicht auf meine Stimme hört, wahrlich, dann wird diese große und zahlreiche Volksmenge zu einem kleinen Häuflein unter den Völkern, wohin ich sie zerstreuen werde.
30 Denn ich weiß, daß sie nicht auf mich hören werden, da sie ein widerspenstiges Volk sind. Aber sie werden es sich im Lande ihrer Verbannung zu Herzen nehmen
31 und werden erkennen, daß ich der Herr, ihr Gott, bin. Ich werde ihnen ein williges Herz verleihen und Ohren, die bereit sind zu hören.
32 Dann werden sie mich im Lande ihrer Verbannung preisen und meines Namens eingedenk sein.
33 Sie werden sich von ihrer Widerspenstigkeit und ihren bösen Werken abwenden, weil sie das Schicksal ihrer Väter bedenken, die gegen den Herrn gesündigt haben.
34 Alsdann lasse ich sie in das Land zurückkehren, das ich ihren Vätern Abraham, Isaak und Jakob eidlich versprochen habe, und sie sollen es besitzen. Ich will sie zahlreich machen, und sie sollen nicht mehr vermindert werden.
35 Einen ewigen Bund werde ich mit ihnen schließen: Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, und niemals werde ich mein Volk Israel wieder aus dem Lande verstoßen, das ich ihnen gegeben habe."