1 Judith aber warf sich auf ihr Angesicht nieder, streute sich Asche aufs Haupt und legte das Sacktuch ab, das sie umgebunden zu tragen pflegte; es war gerade die Zeit, wo zu Jerusalem das Rauchopfer für diesen Abend in das Haus Gottes hineingebracht wurde. Da richtete Judith mit lauter Stimme folgendes Gebet an den Herrn:
2 »O Herr, du Gott meines Ahnen Simeon, dem du das Schwert in die Hand gabst, um die Heiden zu strafen, die den Schoß der Jungfrau zur Vergewaltigung aufgedeckt und ihren Schenkel zur Schändung entblößt und ihren Schoß zur Beschimpfung entweiht hatten (vgl. 1.Mose 34,7).
3 Denn obgleich du geboten hattest: ›Dergleichen darf nicht geschehen‹ (1.Mose 34,7), hatten sie es doch getan; zur Strafe dafür hast du ihre Fürsten der Ermordung preisgegeben und ihr Lager, das sich ihrer Arglist schämte (?), zum Blutbad gemacht; du hast die Untertanen um der Herrscher willen geschlagen (?) und die Herrscher auf ihren Thronen;
4 du hast ihre Weiber dem Raube preisgegeben und ihre Töchter in Gefangenschaft fallen lassen und all ihr Hab und Gut zur Plünderung deinen geliebten Söhnen gegeben, weil sie ihren Eifer für dich betätigt und die Befleckung ihre Blutes verabscheut und dich um Hilfe angerufen hatten. O Gott, mein Gott, erhöre jetzt auch mich, die ich eine Witwe bin!
5 Du hast ja getan, was vor jenen Begebenheiten geschehen ist, und ebenso, was damals und was später geschehen ist und was jetzt geschieht, und das Zukünftige hast du bedacht, und das du bedacht hast, das geschieht auch,
6 und alle Dinge, die du beschlossen hast, treten auch ein und sprechen: ›Siehe, da sind wir!‹ Denn alle deine Wege sind in Bereitschaft, und dein Gericht ist vorhergesehen.
7 Ach! die Assyrer sind gar stark mit ihrer Kriegsmacht, sind stolz auf ihre Rosse und Reiter, trotzen auf die Kraft ihres Fußvolkes, setzen ihre Hoffnung auf Schild und Speer, auf Bogen und Schleuder und wissen nicht, daß du der Herr bist, der die Kriege entscheidet.
8 «Herr» ist dein Name: zerbrich ihre Stärke durch deine Macht und schlage ihre Kraft durch deinen Zorn nieder! Sie haben ja beschlossen, dein Heiligtum zu entweihen und das Zelt, da dein herrlicher Name wohnt, zu schänden und mit dem Schwert die Hörner deines Altars abzuschlagen.
9 Sieh ihren Übermut an, schleudere deinen Grimm auf ihre Häupter und verleihe meiner Hand, der Hand einer Witwe, Kraft zu meinem Vorhaben!
10 Schlage durch meine trügerischen Lippen den Knecht samt dem Herrn und den Herrn samt seinem Diener, brich ihren Stolz durch die Hand eines Weibes!
11 Denn nicht auf der Menge beruht deine Kraft, und deine Herrschaft nicht auf den Starken; sondern du bist der Gott der Demütigen, der Helfer der Geringen, der Beistand der Schwachen, der Beschützer der Verachteten, der Retter der Hoffnungslosen.
12 Ja, ja, du Gott meines Vaters und du Gott deines Eigentumsvolkes Israel, Herr des Himmels und der Erde, Schöpfer des Weltmeeres, König deiner ganzen Schöpfung, erhöre du mein Gebet!
13 Laß meine trügerische Rede ihnen zum Verderben und Unheil werden, da sie ja gegen deinen Bund und dein heiliges Haus, gegen den Berg Zion und den Wohnsitz deiner Kinder Grausames beschlossen haben.
14 Und mache, daß dein ganzes Volk und jeder Stamm zu der klaren Erkenntnis komme, daß du der Gott aller Macht und Stärke bist und daß es keinen andern Beschützer des Volkes Israel gibt als dich!«
1 Judit aber fiel auf ihr Antlitz, streute Asche auf ihr Haupt und entfaltete das Bußgewand, das sie trug. Eben wurde in Jerusalem im Haus Gottes das Rauchopfer jenes Abends dargebracht, als Judit laut zum Herrn rief und sprach:
2 "Herr, Gott meines Ahnen Simeon, du gabst diesem ein Schwert in die Hand zur Rache an den Fremdstämmigen, die den Gürtel einer Jungfrau zur Schändung lösten, die Hüfte zur Schmach enthüllten und den Schoß zur Schande entweihten. Denn du hattest befohlen, es dürfe nicht sein, und doch taten sie es.
3 Dafür gabst du ihre Fürsten der Ermordung preis und ihr betrogenes Lager, das sich der gelungenen Täuschung schämte, dem Blutbad. Du schlugst Knechte samt Fürsten, ja Fürsten auf ihren Thronen.
4 Ihre Frauen gabst du zur Beute, ihre Töchter in die Gefangenschaft und all ihre Habe zur Plünderung an deine geliebten Söhne. Diese waren ja von Eifer für dich beseelt, mißbilligten die Befleckung ihres Blutes und riefen dich um Hilfe an.
5 Gott, mein Gott, erhöre auch mich, die Witwe! Du hast gewirkt, was vor jenen Ereignissen lag, jene Ereignisse selbst und die folgenden; das Gegenwärtige und Zukünftige hast du ausgedacht, und es geschah, was du erdachtest.
6 Deine Beschlüsse traten ins Dasein und sprachen: Hier sind wir! Denn all deine Wege sind geebnet, und dein Gericht ist vorhergesehen.
7 Fürwahr, die Assyrer sind zahlreich in ihrer Heeresmacht, brüsten sich hochmütig ob ihrer Rosse und Reiter, prahlen mit der Stärke ihrer Mannschaften, hoffen auf Schild, Speer, Bogen und Schleuder. Sie sehen nicht ein, daß du der Herr bist, der den Kriegen Einhalt gebietet.
8 "Herr" ist dein Name! Zerschmettere ihre Kraft durch deine Macht und zwinge nieder in deinem Grimm ihre Stärke; denn sie beschlossen, dein Heiligtum zu entweihen und das Zelt, die Ruhestätte für deinen herrlichen Namen, zu schänden und mit eisernen Waffen das Horn deines Altares abzuschlagen.
9 Blicke auf ihren Hochmut, sende deinen Zorn auf ihr Haupt! Gib in meine Hand, die Hand einer Witwe, Kraft zu dem Werk, das ich vorhabe!
10 Schlage durch meine trügerischen Lippen den Knecht mit dem Herrscher und den Herrscher mit seinem Diener! Zerschmettere ihren Stolz durch die Hand einer Frau!
11 Denn nicht in der Menge ruht deine Kraft, noch in Kriegshelden deine Macht; nein, du bist ein Gott der Demütigen, ein Helfer der Geringen, ein Beistand der Schwachen, ein Beschützer der Verstoßenen und ein Retter der Verzweifelnden.
12 Ja, fürwahr, Gott meines Ahnen und Gott des Erbes Israel! Du Herrscher des Himmels und der Erde, Schöpfer der Meere und König deiner ganzen Schöpfung, höre mein Gebet!
13 Laß mein trügerisches Wort zur Wunde und Strieme für sie werden, die gegen deinen Bund, dein heiliges Haus, den Sionsberg und den Erbbesitz deiner Söhne Grausames beschlossen haben.
14 Mach, daß dein ganzes Volk und jeder Stamm erkenne und wisse, daß du der Gott bist, der Gott aller Macht und Kraft, und daß kein anderer ist, der das Volk Israel beschirmt, außer dir!"