1 O hätte ich doch eine Wanderer-Herberge (= Ruhestatt) fern in der Wüste, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen weggehen! Denn sie sind allesamt Ehebrecher, eine Gesellschaft von Treulosen (oder: Betrügern).
2 »Sie spannen ihre Zunge wie einen Bogen: mit Lüge und nicht durch Wahrhaftigkeit schalten sie als Herren im Lande; denn von einer Bosheit schreiten sie zur andern fort, mich aber kennen sie nicht!« – so lautet der Ausspruch des HERRN.
3 Seid auf der Hut, ein jeder vor seinem Freunde, und schenkt auch keinem Bruder Vertrauen! Denn jeder Bruder übt Lug und Trug, und jeder Freund geht auf Verleumdung aus;
4 sie hintergehen einer den andern, und keiner redet ein wahres Wort; sie haben ihre Zunge an Lügenreden gewöhnt und mühen sich ab, verkehrt zu handeln, können nicht anders:
5 »Gewalttat über Gewalttat, Arglist über Arglist! Sie wollen mich nicht kennen!« – so lautet der Ausspruch des HERRN.
6 Darum hat der HERR der Heerscharen so gesprochen: »Gib acht: ich will sie schmelzen und läutern! Denn wie sollte ich anders mit der Tochter meines Volks verfahren?
7 Ein todbringender Pfeil ist ihre Zunge, Trug sind die Worte ihres Mundes; man redet freundlich mit seinem Nächsten, aber im Herzen stellt man ihm eine Falle.
8 Sollte ich so etwas bei ihnen ungestraft lassen?« – so lautet der Ausspruch des HERRN –, »oder sollte ich mich an einem solchen Volk nicht rächen?«
9 Um die Berge will ich ein Weinen und eine Wehklage erheben und um die Auen der Trift ein Trauerlied! Denn sie sind verödet, so daß niemand sie durchwandert und man die Stimmen der Herden nicht mehr vernimmt; die Vögel des Himmels und das Wild – alles ist entflohen, ist weggezogen!
10 »Auch Jerusalem will ich zu Steinhaufen machen, zur Behausung der Schakale; und die Ortschaften Judas verwandle ich in eine Einöde, in der kein Mensch mehr wohnt!«
11 Wer ist ein so weiser Mann, daß er dies verstehen mag? Und zu wem hat der Mund des HERRN geredet, daß er es kundtue, warum das Land zugrunde gegangen ist und verödet daliegt wie die Wüste, so daß niemand es durchwandert?
12 Der HERR hat gesagt: »Weil sie mein Gesetz, das ich ihnen vorgelegt hatte, unbeachtet gelassen und meinen Weisungen nicht gehorcht und nicht nach ihnen gelebt haben,
13 vielmehr dem Starrsinn ihres eigenen Herzens gefolgt und den Baalen nachgelaufen sind, wie sie es von ihren Vätern gelernt hatten;
14 darum« – so hat der HERR der Heerscharen, der Gott Israels, gesprochen: »Nunmehr will ich sie, dieses Volk da, mit Wermut speisen und ihnen Giftwasser zu trinken geben
15 und will sie unter die Heidenvölker zerstreuen, die weder sie noch ihre Väter gekannt haben, und will das Schwert hinter ihnen her senden, bis ich sie vertilgt habe!«
16 So hat der HERR der Heerscharen gesprochen: »Merkt auf und ruft die Klageweiber herbei, daß sie kommen, und schickt zu den weisen Frauen (= den wehgesangskundigen Weibern), daß sie herkommen
17 und eilends ein Klagelied (oder: das Totenlied) über uns anstimmen, damit unsere Augen in Tränen zerfließen und unsere Wimpern von Zähren triefen!« –
18 Ach horch! Eine Wehklage vernimmt man von Zion her: »Wehe, wie sind wir vergewaltigt und schmählich in Schande geraten! Ach, wir müssen das Land verlassen! Ach, man hat unsere Wohnungen niedergerissen!« –
19 Ach hört, ihr Frauen, das Wort des HERRN, und euer Ohr vernehme das Wort seines Mundes, und lehrt eure Töchter das Klagelied und eine jede die andere den Grabgesang:
20 »Ach, der Tod ist in unsere Fenster eingestiegen, in unsere Paläste eingedrungen, hat die Kinder von der Straße weggerafft, die Jünglinge (oder: jungen Männer) von den Marktplätzen!« –
21 Rede: »So lautet der Ausspruch des HERRN: Es liegen die Leichen der Menschen da wie Dünger auf dem Felde und wie Ährenbündel hinter dem Schnitter, ohne daß jemand sie aufliest!«
22 So hat der HERR gesprochen: »Nicht rühme sich der Weise seiner Weisheit, und der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, nicht rühme sich der Reiche seines Reichtums!
23 Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er Einsicht besitzt und von mir erkennt, daß ich, der HERR, es bin, der Gnade, Recht und Gerechtigkeit auf Erden übt (oder: walten läßt); denn an solchen (oder: daran) habe ich Wohlgefallen« – so lautet der Ausspruch des HERRN.
24 »Gebt acht: es kommt die Zeit« – so lautet der Ausspruch des HERRN –, »da werde ich alle, die, obgleich beschnitten, doch unbeschnitten sind, zur Rechenschaft ziehen:
25 Ägypten und Juda, Edom, die Ammoniter und Moabiter und alle, die sich das Haar an den Schläfen stutzen, die in der Wüste wohnen. Denn wohl sind alle Heidenvölker unbeschnitten, aber das ganze Haus Israel ist unbeschnitten am Herzen!«
1 O hätte ich doch in der Wüste ein Rasthaus, könnte ich mein Volk verlassen und von ihm mich trennen! Denn sie alle sind Ehebrecher, eine Rotte von Treulosen.
2 Sie halten ihre Zunge bereit wie einen gespannten Bogen; Lüge und Unwahrheit herrschen im Land; ja, von Bosheit zu Bosheit schreiten sie voran. - "Mich aber kennen sie nicht" - Spruch des Herrn.
3 "Nehmt euch in acht voreinander, und keinem Bruder vertrauet! Denn jeder Bruder übt wie Jakob Betrug, und jeder Nächste geht aus auf Verleumdung.
4 Einer täuscht den anderen, Wahrheit redet man nicht; ihre Zunge gewöhnten sie ans Lügen; sie handeln verderbt, sind zu träge zur Umkehr.
5 Bedrückung über Bedrückung, Betrug über Betrug! Sie lehnen es ab, mich zu kennen" - Spruch des Herrn.
6 Darum spricht der Herr der Heerscharen: "Seht, ich schmelze und prüfe sie! Denn wie sollte ich sonst verfahren ob der Bosheit der Tochter meines Volkes?
7 Ihre Zunge ist ein tödlicher Pfeil, Trug nur redet ihr Mund. Wohlwollend redet man mit dem Nächsten, im Herzen aber plant man Hinterlist.
8 Sollte ich ihnen das nicht vergelten" - Spruch des Herrn - "oder nicht Rache nehmen an einem solchen Volk?"
9 "Über die Berge hin erhebt wehklagendes Weinen, über die Auen der Trift ein Leichenlied. Verheert sind sie, keiner durchwandert sie mehr, sie hören nicht mehr das Blöken der Herden. Von den Vögeln des Himmels bis zum Vieh ist alles geflohen, auf und davon.
10 Zu Trümmern mache ich Jerusalem, den Schakalen zum Aufenthaltsort; und Judas Stätte mache ich zur Wüste, die niemand bewohnt."
11 Wer ist so weise, daß er dies begreift, und zu wem der Mund des Herrn geredet hat, der möge es kundtun: Warum muß das Land zugrunde gehen, ist es verheert gleich der Wüste, die niemand durchschreitet?
12 Da sprach der Herr: "Sie haben mein Gesetz, das ich ihnen vorgelegt, verlassen, sie hörten nicht auf meine Stimme und führten ihren Wandel nicht danach.
13 Nein, sie folgten dem Starrsinn ihres Herzens und den Baalen, an die ihre Väter sie gewöhnt hatten."
14 Darum spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: "Seht, ich speise sie, dieses Volk, mit Wermut und tränke sie mit Giftwasser.
15 Ich zerstreue sie unter die Völker, die sie selbst und ihre Ahnen nicht kannten, und ich entsende hinter ihnen drein das Schwert, bis ich sie vernichtet habe!"
16 [So spricht der Herr der Heerscharen:] "Merkt auf und ruft die Klagefrauen herbei, schickt nach den weisen Frauen und holt sie!
17 Sie sollen eilends ein Klagelied über uns anstimmen, daß unsere Augen von Tränen fließen und unsere Wimpern von Wasser triefen!"
18 Da, horch! Ein Klagelied vernimmt man aus Sion: "Wie sind wir verheert, in große Schande geraten! Wir haben die Heimat verlassen, gaben unsere Wohnstätten preis!"
19 Ihr Frauen, hört das Wort des Herrn, euer Ohr vernehme das Wort seines Mundes! Lehrt eure Töchter die Klage, und eine lehre die andere das Leichenlied:
20 "Es stieg durch unsre Fenster der Tod herein; er kam in unsere Paläste; von der Straße raffte er das Kind weg, von den Plätzen die Jugend.
21 Der Menschen Leichen liegen wie Dung auf dem Felde und wie Garben hinter dem Schnitter; keiner ist da, der sie aufliest."
22 So spricht der Herr: "Nicht rühme der Weise sich seiner Weisheit, der Starke rühme sich nicht seiner Kraft, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums!
23 Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft! Ja, an solchen Leuten habe ich Wohlgefallen" - Spruch des Herrn.
24 "Seht, es werden Tage kommen" - Spruch des Herrn -, "da suche ich alle an der Vorhaut Beschnittenen heim:
25 Ägypten, Juda, Edom, die Ammoniter, Moab und alle, die einen gestutzten Haarrand haben, die in der Wüste wohnen. Denn alle Völker sind eigentlich unbeschnitten, und auch das ganze Haus Israel ist unbeschnittenen Herzens."